Ein neuer Außenseiter in der CDU-Spitze

von Redaktion

Mario Czaja ist neuer Generalsekretär: Der Ex-Gesundheitssenator weiß, wie man aneckt – und Wahlen gewinnt

München – Typisch ist das nicht für die CDU-Spitze: Instagram-Fotos vom Kochen mit Schürze, Stadion-Selfies mit Bier aus Plastikbechern, Regenbogen-Bilder und Hashtags. Im Netz weiß sich Mario Czaja locker und nahbar zu präsentieren. Auf der Bühne gibt sich der neue Generalsekretär hingegen etwas hölzern: Die CDU müsse „jugendlichen Esprit“ zeigen, „eine Partei mit Zugkraft“ werden, sagte Czaja in seiner achtminütigen Bewerbungsrede – bei der er mehr wie ein Referent als eine Stimmungskanone wirkte. Für den Posten als Friedrich Merz’ rechte Hand reichte es trotzdem.

Und dabei wurde es nicht mal knapp. Czaja, 46, wurde auf dem Parteitag mit 93 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Paul Ziemiak gewählt. Czaja war der Wunschkandidat von Merz: Denn der Mann aus dem Berliner Osten weiß, wie man Wahlen gewinnt. Bei der Bundestagswahl hat er im ersten Anlauf das Direktmandat im Bezirk Marzahn-Hellersdorf gewonnen – ein Wahlkreis, der eigentlich 30 Jahre lang der Linkspartei gehörte. Dafür hat er sich in der CDU Respekt verschafft. Zuvor hatte man ihn nicht mal auf die Landesliste gepackt – eigentlich gilt Czaja als umstrittener Parteikollege.

Womöglich wollte ihn Merz deshalb in seinem Team haben. Denn bis auf den Außenseiter-Status verbindet die beiden nicht viel. Politisch ticken der Sauerländer und der Berliner verschieden: Czaja hat in der Vergangenheit immer wieder mit der Linkspartei geflirtet und auch eine kumpelhafte Beziehung zu Gregor Gysi gepflegt, was ihn innerhalb der CDU bis heute an Sympathie kostet. Auch Merz bezeichnet die Linken als „kein Partner für demokratische Parteien“. Bei Merz’ ersten beiden Versuchen, Parteichef zu werden, stimmte Czaja nicht mal für ihn, sondern erst für Jens Spahn, dann für Armin Laschet. Trotz der Unterschiede wollen sie nun zusammen die CDU retten. Merz weiß, dass Czaja innerhalb der Partei aneckt – aber das kommt bei den Wählern offenbar gut an. Auf Czajas Wahlkampf-Flyern war nicht mal das CDU-Logo abgedruckt.

Czaja gilt als jemand, der nah am Volk ist, der sich im Kiez für ein neues Freibad einsetzt und die Wähler auf der Straße anspricht. Gleichzeitig wird ihm vorgeworfen, in fragwürdige Geschäfte verwickelt zu sein. Der gelernte Versicherungskaufmann war laut „Spiegel“ bis vor Kurzem noch Geschäftsführer der Brückenköpfe GmbH – ein Start-up, das in den Gesundheitssektor investiert. Czaja habe demnach als Lobbyist gearbeitet und Deals mit Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn eingefädelt.

An den dafür nötigen Kontakten wird es ihm nicht gefehlt haben. Kurz davor war Czaja noch Berliner Gesundheitssenator. In diesem Amt geriet er heftig in Kritik: 2015 war er für die Aufnahme von Geflüchteten verantwortlich – das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales machte allerdings wegen monatelangem Chaos einige Negativschlagzeilen. Oppositionelle Politiker forderten damals sogar Czajas Rücktritt.

Jetzt aber soll der Berliner für einen sauberen Neuanfang stehen. Ob Merz’ Außenseiter-Strategie funktioniert, wird sich schnell zeigen: Schon im Frühjahr sind Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, NRW und im Saarland. Anders als im Kiez muss sich Czaja dort noch beweisen.

KATHRIN BRAUN

Artikel 3 von 11