„Impfpflicht für gefährdete Gruppen“

von Redaktion

Diese Woche holt die CSU im Bundestag ihre Januar-Klausur nach. Alexander Dobrindt (51), der Chef der Abgeordneten, legt sich im Interview jetzt auf klare Linien bei Corona, Impfpflicht und in der Ukraine-Politik fest.

Sie haben das Jahr in Quarantäne begonnen. Die langweiligsten zehn Tage Ihres Lebens?

Eine Dauereinrichtung muss das nicht werden. Aber ich war per Video und Telefon voll arbeitsfähig. Ich hatte zum Glück fast keine Symptome, nur etwas Kopfweh.

Waren Sie heimlich draußen?

Nein. Ich habe mich strengstens an die Vorschriften gehalten. Ich halte sie auch für richtig.

Die Welle wächst und wächst, die Klinikzahlen sinken aber. Was wäre nun der richtige Kurs?

Der Januar 2022 zeigt: Die emotionale Balance zwischen Sicherheit und Freiheit in der Pandemie wird in der Gesellschaft heute anders beantwortet als noch letztes Jahr. Omikron und der Impffortschritt haben die Lage komplett verändert. Man kann nicht mit alten Rezepten des Beginns der Pandemie auf Omikron reagieren, sondern muss wieder ins Zentrum der Betrachtung die Belastung des Gesundheitssystems rücken. Das ist jetzt der einzige richtige Maßstab. Die Inzidenzen als Grundlage für politische Entscheidungen haben ausgedient.

Ist es klug, mit Feuereifer an der allgemeinen Impfpflicht festzuhalten?

Impfen ist und bleibt der Weg aus der Pandemie. Die weitgehend symptomfreien Verläufe der Geboosterten mit Omikron belegen das. Ja, eine Impfpflicht kann eine zusätzliche Maßnahme sein, sie muss aber angepasst auf die Situation sein. Alles, was bisher aus den Ampel-Fraktionen kommt, reicht nicht aus für ein nachvollziehbares, fundiertes und verfassungskonformes Gesetz.

Also: Impfpflicht erst, wenn ein neues gefährliches Virus anklopft?

Wir arbeiten daran, dass wir ein Impf-Vorsorge-Gesetz im Bundestag vorschlagen. Das heißt: angepasst an das Risiko oder eben die Gefährlichkeit einer Infektionsentwicklung, verbunden mit erwarteten Belastungen des Gesundheitssystems, angepasst an gefährdete Gruppen oder Altersstufen und eng zeitlich befristet. Die CDU/CSU-Fraktion wird ein differenziertes Gesetz dazu vorlegen.

Impfpflicht auf Vorrat?

Es geht um Vorsorge. Bedingung ist, dass eine Entscheidung, diese Impfpflicht in Kraft zu setzen, explizit dann vom Bundestag und Bundesrat getroffen werden muss. Einhergehen muss zwingend eine enge wissenschaftliche Beratung. Und damit meine ich kein Durcheinanderrufen von Impfkommission oder einzelnen Ethikräten.

Also kein Vorratsbeschluss für die Regierung?

Keinesfalls. Eine Ampel-Regierung, die sich außerstande sieht, selber ein Impfgesetz vorzulegen, darf nicht beauftragt werden, die Abwägungsentscheidung zur Anwendung eines solchen Gesetzes selbstständig zu treffen. Ich will nicht wiederholt so eine nicht ausreichend begründete Fehlentscheidung der Regierung sehen wie beim Herabsetzen des Genesenenstatus durch Minister Lauterbach.

Sie haben Altkanzler Schröder scharf angegriffen, weil er der Ukraine „Säbelrasseln“ vorwarf. Schämen Sie sich für ihn?

Ich finde befremdlich, was Gerhard Schröder hier an Realitätsverfälschung betreibt. Die Aggression geht eindeutig von russischer Seite aus. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die militärische Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine lässt sich nicht einfach uminterpretieren. Es ist eines Altkanzlers unwürdig, dass sich Schröder als Nachrichtensprecher für Russia Today geriert.

Sind Sie für Waffenlieferungen an die Ukraine? Und reichen ein paar Helme aus der Rumpelkammer?

Was die Ampelregierung da abgeliefert hat, ist weit unter dem, was man erwarten können muss. Einem Land, dem ein Überfall droht, Lazarettkapazitäten anzubieten, ist zynisch. Unsere europäischen Partner und unsere Nato-Partner empfinden das als Zumutung.

Waffen ja oder nein?

Die Diplomatie muss im Vordergrund stehen und nicht der Ruf nach Waffenlieferungen. Aber die Befähigung zur Verteidigung komplett auszuschließen, wie Teile der Ampel das tun, oder sogar anderen Ländern in Europa Unterstützung für die Ukraine zu untersagen, spricht nicht für eine stabile deutsche Bündnispartnerschaft.

Interview: Georg Anastasiadis, Christian Deutschländer

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