Die Zukunft der Grünen

Kröten als Hauptmahlzeit

von Redaktion

KLAUS RIMPEL

Klare Linien in Mintgrün statt Sonnenblumen: Es ist nicht nur dem coronabedingt digitalen Format zu verdanken, dass dieser Grünen-Parteitag so nüchtern daherkam. Die Partei ist eine andere geworden. Die nun in zehn Landesregierungen und im Bund mitregierenden Grünen sind längst nicht mehr die oft chaotische, aber dadurch auch sympathische Verkörperung eines anderen Politikstils. Die Grünen sind professionell wie SPD, Union und Co. – aber auch die vermeintliche moralische Überlegenheit ist dahin, siehe die Ermittlungen wegen des 1500-Euro-Coronabonus.

Die neue Parteiführung scheint entschlossen, den grünen Ministern möglichst keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Selbst Ricarda Lang, Vertreterin des linken Flügels, betonte in ihrer Antrittsrede, dass gestalten besser sei als „mit einer weißen Weste“ am Rand zu stehen. Die 28-Jährige, die als Ex-Chefin der Grünen Jugend noch Maximalforderungen stellen konnte, weiß wohl, dass in der Ampel das Krötenschlucken eine Hauptmahlzeit sein wird. Langs Schwerpunkt-Thema, das Soziale, kollidiert in vielen Bereichen mit grünen Kernforderungen: Mehr Tierwohl bedeutet teurere Lebensmittel, mehr Dämmung steigende Mietkosten, mehr Klimaschutz höhere Strompreise. Die soziale Frage wird deshalb entscheidend dafür sein, ob die Grünen ihre Träume von der Kanzler stellenden Volkspartei weiter träumen dürfen – oder ob sie vom Ampel-Alltag auf früheres Milieupartei-Maß zurückgestutzt werden.

Klaus.Rimpel@ovb.net

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