Präsidentenwahl in Italien

Trauerspiel mit Erinnerungswert

von Redaktion

MARC BEYER

Was Politik betrifft, ist Italien Kummer gewohnt. Kaum ein Land hat einen solchen Verschleiß an Regierungschefs, nirgendwo sonst kann eine Skandalnudel wie Silvio Berlusconi sich immer wieder Hoffnungen auf höchste Ämter machen. Nun endet auch die Präsidentenwahl mit einem unwürdigen Schauspiel. Das Beste daran ist die Tatsache, dass alles bleibt, wie es war.

Für italienische Verhältnisse herrscht gerade bemerkenswerte Stabilität. Sie zu bewahren, ist in Pandemiezeiten und mit der Aussicht auf viele EU-Milliarden existenziell wichtig. Der traurige, zuweilen lächerliche Prozess der Kandidatenkür, als zum Ausdruck der Stimmenthaltung Namen von Fußballern und Schauspielern auf die Zettel geschmiert wurden, zeigt beispielhaft, wie fatal es ist, wenn Macht in falschen Händen landet.

Dennoch bleibt mehr als ein Nachgeschmack. Die Wahl wäre ein guter Moment gewesen, um eine Frau ins höchste Staatsamt zu berufen. Doch Italien bleibt sich mal wieder treu. Nicht abzusehen ist zudem, was das Gezerre für die Regierung Draghi bedeutet. Die Lager, die bisher reibungslos zusammenarbeiteten, standen sich eine Woche lang unversöhnlich gegenüber. Besonders die Rechtspopulisten bewiesen dabei, wie wenig sie personell und inhaltlich zu bieten haben. Wenn in einem Jahr ein neues Parlament gewählt wird, sollte sich Italien an dieses Trauerspiel erinnern.

Marc.Beyer@ovb.net

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