USA und Großbritannien erhöhen Präsenz in Osteuropa

von Redaktion

Verlegung weiterer Truppen angekündigt – Waffenlieferungen: Ex-Außenminister Gabriel kritisiert SPD-Position

München – Nach den USA hat auch Großbritannien angekündigt, weitere Truppen in osteuropäische Nato-Staaten zu verlegen. Premierminister Boris Johnson erwägt, die Zahl britischer Soldaten in der Region – derzeit etwa 1100 in Estland, Polen und der Ukraine – zu verdoppeln und Estland Waffen zur Selbstverteidigung zu liefern. Dies würde, so Johnson dem Kreml eine deutliche Botschaft schicken: „Wir werden ihre destabilisierenden Aktivitäten nicht dulden und stehen stets fest an der Seite unserer Nato-Verbündeten angesichts russischer Feindseligkeiten.“

Am Montag will das Außenministerium in London neue Sanktionen bekannt geben, die Russlands „strategische und finanzielle Interessen“ treffen sollen. Gleichzeitig hieß es aus Regierungskreisen, Außenministerin Liz Truss und Verteidigungsminister Ben Wallace sollen bald für Gespräche nach Moskau reisen.

Am Freitag (Ortszeit) hatte US-Präsident Joe Biden die zuvor angekündigte Verlegung weiterer Soldaten bestätigt. Derweil bekräftigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, man habe „keine Pläne, Nato-Kampftruppen in der Ukraine einzusetzen“. In der Ex-Sowjetrepublik seien Nato-Militärausbilder im Einsatz, zudem helfe das Bündnis, die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken und liefere militärische Ausrüstung. Da die Ukraine aber kein Nato-Staat sei, gelte für sie die Garantie hundertprozentiger Sicherheit nicht.

In Deutschland hat sich nach Altkanzler Gerhard Schröder mit Ex-Außenminister Sigmar Gabriel ein weiterer früherer SPD-Spitzenpolitiker in die Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine eingeschaltet. „Die Wahrheit ist, man kann sich bei Rüstungslieferungen immer schuldig machen – durch Handeln und durch Nichthandeln“, sagte der Vorsitzende des Vereins Atlantik-Brücke der „Bild am Sonntag“. Man brauche dazu eine „Diskussion ohne Tabus und Denkverbote“. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Waffenlieferungen eine Absage erteilt. Altkanzler Schröder hatte gar der Ukraine mit Blick auf deren Forderung nach Waffenlieferungen „Säbelrasseln“ vorgeworfen.

Scholz hat sich bisher auch nur zögerlich zu der Möglichkeit geäußert, das Aus für die Pipeline Nord Stream 2 als Sanktion im Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine zu erwägen. Aber auch in seiner Partei mehren sich die Stimmen, die dies fordern. „Sollte Russland die Ukraine angreifen, müssen alle Optionen auf dem Tisch liegen, auch Nord Stream 2“, sagte die SPD-Europabeauftragte Katarina Barley dem „Spiegel“. Barley ist auch Vizepräsidentin des EU-Parlaments. SPD-Chef Lars Klingbeil verteidigte die Linie seiner Partei: „Ich habe die prinzipielle Überzeugung, dass es nichts bringt, wenn wir Waffen liefern“, sagte er am Sonntag im ZDF. Gerade in der jetzigen Situation würde das dazu führen, „dass wir eine Tür aufstoßen, die wir vielleicht nicht mehr zubekommen“.

Wolfgang Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, warnte vor einem Ansehensverlust bei Bündnispartnern. Zudem sei das Wackeln verschiedener deutscher Politiker „natürlich in Moskau genau registriert worden“, sagte der frühere deutsche Botschafter in Washington. Er verwies zwar auf deutsche Wirtschafts- und Finanzhilfen für die Ukraine und das diplomatische Engagement. Aber die Kommunikationspolitik der Bundesregierung sei „der Bedeutung dieses Vorgangs nicht angemessen“ gewesen.  sr/dpa/afp

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