Berlin/München – Viel Grund zur Freude gibt es nach einer krachenden Abwahl selten. Aber wenigstens eine Aussicht hat CDU und CSU nach der verlorenen Bundestagswahl getröstet: künftig „Union pur“ betreiben zu können, also Klartext statt Kompromiss-Matsche. Vor allem im Bereich der Migrationspolitik soll es wieder ein schärferes Profil geben. Erste Eckpunkte dafür legt nun die CSU vor.
In einer Klausur wollen die Bundestagsabgeordneten ein umfassendes Strategiepapier beschließen. Die Aussagen zu Flucht und Sicherheit liegen unserer Zeitung vorab vor. Die CSU stemmt sich vor allem gegen zusätzliche Anreize, nach Deutschland zu kommen – eine Absage an die Ampel-Willkommenskultur.
„Wir wollen Humanität und Ordnung bei der Migration mit klaren Regeln“, sagt Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Die links-gelbe Politik einer Migration ohne Integration lehnen wir klar ab. Migration ohne Integration bedeutet mehr Spaltung und weniger Solidarität – und erfolgreiche Integration beginnt mit der Ordnung der Migration.“
Kern des Konzepts ist die oft geforderte, aber nie lückenlos umgesetzte Logik, über Einwanderung an der EU-Außengrenze zu entscheiden. „Nach Europa kann nur kommen, wer einen berechtigten Asylanspruch hat“, steht im Entwurf des Beschlusspapiers. „Wir wollen deshalb schon bei Ankunft an den EU-Außengrenzen entscheiden, wer einen berechtigten Flüchtlingsstatus hat und wer nicht.“ Dann werde zurückgewiesen.
Klar stellt sich die CSU gegen das „Spurwechsel“-Konzept, das die Ampel verfolgen will. Man lehne die „Vermischung von Asyl und Arbeitsmigration“ ab, heißt es im Entwurf. Dabei geht es um die Frage, ob gut integrierte, berufstätige Asylbewerber, deren Asylantrag endgültig abgelehnt wird, trotzdem ein Bleiberecht bekommen. In Teilen der Wirtschaft gibt es dafür, gerade mit Blick auf den Mangel an Arbeitskräften in bestimmten Branchen, große Sympathie. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte dafür geworben. Die CSU stellt sich nun eindeutig dagegen. Das ist auch die Linie von CDU-Chef Friedrich Merz. Man müsse klar trennen zwischen einer Einwanderung in den Arbeitsmarkt und einer humanitären Flüchtlingspolitik, sagte er schon 2021.
Die Union lehnt zudem in Dobrindts Konzept schroff ab, dass auf eine verpflichtende Identitätsprüfung verzichtet wird. Eine Versicherung an Eides statt ersetze keine Papiere und keine vollständige Mitwirkung im Asylverfahren. „Geklärte Identität ist eine Grundvoraussetzung.“ Die Sorge der CSU: mehr Migranten ohne Papiere, deren „Versicherung an Eides statt“ nicht überprüft werden soll.
Die CSU stellt sich außerdem gegen eine Ausweitung der doppelten Staatsbürgerschaft. Generell sollen die Hürden für den Erhalt des deutschen Passes nicht gesenkt werden: „Wir halten an den bisherigen Voraussetzungen zur Dauer des Aufenthaltes in Deutschland und die Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse fest.“
Die Klausur der Christsozialen, traditionell im Januar in Kreuth (später: Kloster Seeon), beginnt nun morgen in Berlin. Als externer Gast ist Merz vorgesehen, der erste größere Auftritt seit seiner nun offiziellen Bestätigung per Briefwahl. Der Januar-Termin war geplatzt, weil bei Dobrindt und mehreren Mitarbeitern sowie einem ausländischen Gast die PCR-Tests positiv anschlugen.
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER