Marx für verheiratete Priester

Eine sehr späte Einsicht

von Redaktion

CLAUDIA MÖLLERS

Nun also doch? Mit seiner späten Einsicht, dass der Pflichtzölibat in der katholischen Kirche für viele Priester nicht segensreich ist, hat der Münchner Kardinal Reinhard Marx für Schlagzeilen gesorgt. Passend platziert an dem Tag, an dem die Vollversammlung des Synodalen Wegs wieder zusammentritt, schlägt der durch das Missbrauchsgutachten auch in Erklärungsnöte geratene Erzbischof ganz neue Töne an.

Der 68-Jährige zeigt plötzlich erstaunliches Verständnis für die Not von Priestern, die unter der Zumutung des Zölibatsversprechens leiden oder zu zerbrechen drohen. Die eine versteckte Lebensgefährtin oder einen Partner haben. Oder die allein im Pfarrhaus vereinsamen. Muss die Kirche erst in ein solches Desaster wie den Missbrauchsskandal stürzen, dass sich etwas bewegt?

Machen wir uns nichts vor: Entschieden wird die Frage, ob Priester wählen dürfen, ehelos oder mit einer Frau zu leben, nicht in München und nicht in Deutschland, sondern in Rom. Wenn mit Reinhard Marx ein Kardinal, der enger Berater von Papst Franziskus ist, sich so deutlich positioniert, kann das die Debatte voranbringen. Die Kirche braucht Erneuerung: bei der Lebensform der Priester, in der Sexualmoral, bei der Rolle der Frau, im Amtsverständnis und Machtgehabe. Vielleicht hat Marx wirklich verstanden, was die Stunde schlägt. Jetzt braucht er stimmgewaltige Mitstreiter bei den Bischöfen und aus dem Kirchenvolk, damit es nicht bei einer imagefördernden Schlagzeile bleibt.

Claudia.Moellers@ovb.net

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