Lille – Bundesinnenministerin Nancy Faeser erfährt in ihrem Bemühen um ein für Migration offenes Europa deutlichen Widerstand. „Wir brauchen einen stärkeren, einen robusteren Außengrenzschutz. Das ist die Allianz der Vernünftigen“, sagte Österreichs Innenminister Gerhard Karner am Rande eines Treffens mit seinen EU-Kollegen im nordfranzösischen Lille. Faeser legte hingegen einen anderen Schwerpunkt: „Es geht nicht nur um Abgrenzung. Deutschland steht nach wie vor für ein offenes, menschliches Europa“, sagte die SPD-Politikerin.
Die EU-Staaten streiten seit Jahren über ihre Asyl- und Migrationspolitik. Im Kern geht es um die Frage, ob und wie Schutzsuchende in der EU verteilt werden. Weil es kein Vorankommen gab, haben die Länder sich zuletzt vor allem auf besseren Grenzschutz und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten konzentriert. Frankreich, das derzeit den rotierenden Vorsitz der EU-Staaten hat, unternimmt nun einen neuen Anlauf, Bewegung in die Migrationspolitik zu bringen.
Präsident Emmanuel Macron setzt dabei unter anderem auf einen deutlich besseren Schutz der EU-Außengrenzen und die systematische Kontrolle ankommender Migranten. So sollen auch mögliche Straftäter herausgefischt werden. Auch die Rückführung von Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis in ihre Heimatländer will er beschleunigen. Faeser sagte, man unterstütze den französischen Vorschlag.
Die EU-Staaten müssten nach jahrelangem Streit zunächst wieder Vertrauen ineinander finden, sagte Macron am Mittwochabend bei einem Abendessen der Innenminister. Deshalb wolle Frankreich die Verhandlungen Schritt für Schritt voranbringen und alle Interessen berücksichtigen.
Einen Teilerfolg schien es am Donnerstag gegeben zu haben. Die Innenminister hätten sich einstimmig geeinigt, dass Staaten, die keine Migranten aufnehmen wollten, „zu einem hohen finanziellen Beitrag verpflichtet“ würden, sagte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin nach einem informellen Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen. Es müssten aber noch zahlreiche Details geklärt werden.