Peking/München – Es ist die perfekte Inszenierung: Während Nationen wie die USA die Olympischen Winterspiele in Peking diplomatisch boykottieren, zeigen sich andere demonstrativ an der Seite Chinas, allen voran Russlands Präsident Wladimir Putin. Am Freitag reiste er zu Chinas Staatschef Xi Jinping – der Putin schon mal seinen „besten Freund“ nannte – und schwärmte von den Beziehungen beider Länder. Sie seien „beispiellos“ und hätten inzwischen einen „nie da gewesenen Charakter“ angenommen.
Beispiellos ist auch das, was die beiden Dauer-Herrscher am Freitag verkünden. In einer gemeinsamen Erklärung fordern sie am Freitag ein Ende der Nato-Osterweiterung. Das westliche Militärbündnis müsse seine „ideologischen Ansätze der Ära des Kalten Krieges aufgeben“ und „die Souveränität, Sicherheit und Interessen anderer Länder (…) respektieren“, heißt es in dem vom Kreml veröffentlichten Papier. Die Passage ist nicht ohne Witz, ist es doch Russland, das ganz akut die Souveränität eines anderen Landes bedroht, der Ukraine.
Dass sich Putin und Xi persönlich gut verstehen, ist bekannt und hat viele Gründe. In den Biografien der beiden Männer finden sich Ähnlichkeiten, in ihrem jeweils autoritären Politikansatz auch. Außerdem arbeiten beide Länder wirtschaftlich zunehmend zusammen und halten gemeinsame Militärübungen ab; am jüngsten Manöver, das im Januar im Indischen Ozean stattfand, nahm zusätzlich der Iran teil.
Auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen halten sich Moskau und Peking in schöner Regelmäßigkeit die Stange – etwa wenn es um die Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen geht. Nun gehen die beiden Staaten also den nächsten Schritt und verbünden sich gegen die Nato. Ausgerechnet jetzt. Für Putin bedeutet das gewaltigen Rückenwind mit Blick auf die Ukraine. An deren Grenze hat der Kreml rund 130 000 Soldaten und schweres Kriegsgerät zusammengezogen und stellt weitreichende Bedingungen für eine Entspannung der Lage. Dazu gehört auch ein Verzicht auf die Osterweiterung der Nato.
Trotz des guten Verhältnisses zwischen Xi und Putin ist die klare Unterstützung Chinas eine kleine Überraschung. Denn das soll über die ukrainischen Eskapaden Moskaus nicht sehr erfreut gewesen sein. Zuletzt verbreitete sich das Gerücht, Xi habe Putin persönlich darum gebeten, die Ukraine nicht während der Olympischen Spiele anzugreifen. Ob das so stattgefunden hat, ist unklar, inhaltlich dürfte es aber stimmen. Xi will die Spiele zur Imagepflege nutzen – ein Militärschlag seines „besten Freundes“ käme da ungelegen.
Nun also der Schulterschluss, der laut dem Kreml nicht weniger darstellen soll als eine „gemeinsame Vision“ internationaler Sicherheitspolitik. Innerhalb der Nato haben die beiden Staatschefs auch einen gemeinsamen Feind ausgemacht: die USA. Das betrifft nicht nur deren Engagement in Osteuropa, sondern – aus Chinas Sicht – auch im Pazifikraum. Dies sei „negativ für Frieden und Stabilität“ im Indopazifik, heißt es in der Erklärung. Man sei sehr besorgt und lehne eine Blockbildung dort ab. Zugleich aber scheint es, als wachse da im Osten ein neuer Block heran: der zwischen Russland und China. MARCUS MÄCKLER