Stress mit Putin – jetzt auch in Mali

von Redaktion

VON MARCUS MÄCKLER

München – In manchen Krisen steckt eine Chance, in anderen das glatte Gegenteil. Emmanuel Macron bekommt das gerade zu spüren. Während sich Frankreichs wahlkämpfender Präsident in Sachen Ukraine als Gesicht Europas inszeniert und zu Hause damit punktet, droht ein anderer Krisenherd, den schönen Schein zu zerstören. Es geht um Mali, tausende Soldaten und eine Demütigung.

Die Situation ist seit Langem angespannt, erreichte aber am Montag einen Höhepunkt. Da wies die Militärjunta in Malis Hauptstadt Bamako Frankreichs Botschafter aus. Es war die Retourkutsche dafür, dass der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian die Verschiebung der Wahl in dem westafrikanischen Land kritisiert und die Putschisten-Regierung als „illegitim“ und „außer Kontrolle“ bezeichnet hatte. All das wäre nur ein halber Aufreger, würde der Streit nicht den europäischen Anti-Terror-Kampf ins Wanken bringen – zur Freude des Kremls.

4000 französische Soldaten sind in der Sahel-Zone stationiert, um gegen islamistische Gruppen zu kämpfen, gut die Hälfte davon in Mali. Auch die Bundeswehr ist mit 1700 Soldaten präsent, wenn auch „nur“ im Rahmen der EU-Ausbildungsmission EUTM und der Stabilisierungsmission MINUSMA der Vereinten Nationen. Grob gesagt geht es bei allem darum, Mali vor Terror und Zerfall zu schützen.

Nicht nur in Frankreich fragen sich nun aber viele, warum man Soldaten in ein Land schickt, das die Hilfe offensichtlich nicht mehr will, sie teils sogar torpediert. Auch in Deutschland wachsen die Fragezeichen: Man müsse sich „ehrlich fragen, ob die Voraussetzungen für den Erfolg unseres gemeinsamen Engagements weiter gegeben sind“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock nach dem Botschafter-Rauswurf. Im Verteidigungsministerium klagt man, der Einsatz gestalte sich „zunehmend schwierig“, auch wegen Behinderungen durch die malische Regierung.

Tatsächlich zeigt sich die Militärregierung zunehmend abweisend. Vor einigen Tagen verwies sie 90 dänische Soldaten kurz nach deren Ankunft des Landes. Sie blockiert europäische Militärflüge und hofiert dafür die russischen Söldner der „Gruppe Wagner“, einer Kreml-nahen Sicherheitsfirma. Mehrere hundert sollen inzwischen in Mali sein. „Sie bedienen sich an den Ressourcen des Landes und schützen im Gegenzug die Junta“, sagte Frankreichs Außenminister Le Drian der Zeitung „Journal du Dimanche“. Ganz offiziell entsendet Moskau „Ausbilder“ nach Mali – und soll auch den Militärs im benachbarten Burkina Faso nach dem dortigen Putsch Ende Januar ein Angebot gemacht haben. Die Region scheint zu einem weiteren Austragungsort russisch-europäischer Rivalität zu werden.

Nicht nur das Militär, auch Malis Bevölkerung ist des Anti-Terror-Einsatzes offenbar überdrüssig. Die Bilanz gibt ihnen Recht. Die Zahl der Anschläge hat sich seit 2013 vervielfacht, die Einsätze sind hochgefährlich: Bisher starben allein 260 UN-Angehörige. Frankreich hatte deshalb ohnehin vor, seine Truppen um die Hälfte zu reduzieren.

Bis Mitte Februar will man sich beraten. Wie bisher könne es nicht weitergehen, sagte Regierungssprecher Gabriel Attal unlängst. Er versicherte: „Wir bleiben weiter in der Sahelzone, um gegen den Terrorismus zu kämpfen.“ Vielleicht aber nicht in Mali. Auch in Berlin steht eine Entscheidung an: Im Mai berät der Bundestag über den Einsatz. Stimmen aus Regierung und Opposition fordern eine ergebnisoffene Debatte. Der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte mahnte aber zur Vorsicht: „Ein Abzug würde das Erreichte in Gefahr bringen, ein Vakuum entstehen lassen für islamistischen Terror und russische Begehrlichkeiten wecken.“

Konkreter wurde die EU. Am Freitag verhängte sie Sanktionen gegen fünf Mitglieder der Junta, darunter Einreisesperren und das Einfrieren von Konten. mit afp

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