Dresden – Von einer neuen Arbeit in Dresden muss Jens Maier, Richter mit AfD-Parteibuch, schon zu Zeiten als Bundestagsabgeordneter geträumt haben. Im Februar 2021 schilderte er auf einem Parteitag seine Gemütslage: Dresden sei die „Hauptstadt des Widerstandes“, Berlin die Stadt des „Multikulti, der Dekadenz und des allgegenwärtigen Kulturrassismus“: „Wenn ich dann freitags von Berlin nach Sachsen zurückkomme, nach Elbflorenz, dann ist das so, als ob man aus dem Dunkeln ins Licht zurückkehrt.“ Der 59-Jährige wurde damals auf Platz 2 der Landesliste gewählt. Das reichte nicht. Da die AfD in Sachsen mehrere Direktmandate holte, zog die Liste nicht.
Kurz vor Weihnachten stellte Maier den Antrag auf Rückkehr in die sächsische Justiz, sein früherer Arbeitsplatz war das Dresdner Landgericht. Allerdings läuft die Heimkehr nicht so geräuschlos, wie er sich das vorgestellt haben mag. Laut Abgeordnetengesetz haben Richter das Recht, ins Dienstverhältnis zurückzukehren. Allerdings gibt es keinen Anspruch auf die frühere Dienststelle. Bis 15. März muss das Justizministerium entscheiden, wo der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufte Maier künftig wieder Recht sprechen darf.
Spätestens seitdem der Fall Maier bei den „ARD-Tagesthemen“ auftauchte, sorgt er bundesweit für Diskussionen. Kann man einem Mann, der sich durch den Begriff Rechtsextremist eher geadelt fühlt, nicht doch die Rückkehr auf den Richterstuhl verwehren? „Wer in diesen Zeiten nicht als Rechtsextremist diffamiert wird, der macht irgendetwas verkehrt“, hatte Maier auf dem Parteitag damals erklärt.
Beim Internationalen Auschwitz Komitee löst die Vorstellung einer Rückkehr Maiers Entsetzen aus. „Für Überlebende des Holocausts und Verfolgte des Naziregimes ist die Vorstellung, dass ein solcher Mensch als Richter im Namen des deutschen Volkes Urteile fällen sollte, schlichtweg unvorstellbar und unerträglich“, sagt der Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner.
Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) steckt in einer Zwickmühle. Sie muss Recht und Gesetz befolgen, steht aber politisch unter Druck. „Also ich glaube, man kann mir als Person wirklich nicht vorwerfen, dass ich, was die Frage der Bekämpfung des Rechtsextremismus angeht, da nicht eine klare Haltung habe“, sagte sie dieser Tage. Aber: „Ich kann nicht eingreifen.“ Der Bremer Verfassungsrechtler Andreas Fischer-Lescano meint dagegen, dass ein Mann wie Maier nie wieder eine Robe überstreifen dürfe. Die Haltung der sächsischen Justiz hält er für „skandalös“.
Der Neuen Richtervereinigung zufolge kann nur eine Richteranklage klären, ob Maier weiter die Robe trägt. „Ein Richter, der nicht die Gewähr dafür bietet, auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stehen, hat in diesem Amt nichts zu suchen“, sagt Landessprecher Ruben Franzen. Der Landtag könne mit Zwei-Drittel-Mehrheit beim Bundesverfassungsgericht beantragen, dass ein Richter in ein anderes Amt oder in den Ruhestand versetzt wird.