Es soll ein industriestrategischer Anfang sein: Mit 43 Milliarden Euro will die EU-Kommission die Wiederansiedlung einer europäischen Halbleiterindustrie fördern. Sie folgt damit dem Vorbild der USA, die einschlägige Konzerne aufgefordert hat, massiv in Produktionsstandorte in den Vereinigten Staaten zu investieren, um sich aus der Abhängigkeit von fernöstlichen Zulieferern zu befreien.
Doch die USA verfügen noch über zahlreiche Unternehmen der Branche, die Deutschland und Europa widerstandslos gen Osten ziehen ließen. Das Fundament, auf dem die EU-Hilfe aufsetzen kann, ist schwach. Das Investitionsprogramm könnte auch scheitern, weil die Industrie-Strukturen, auf die man abzielt, eigentlich überholt sind. Die Zukunft erfordert ganz andere Chips, als sie heute üblich sind: Bauteile, die per Software rasch an völlig neue Einsatzzwecke angepasst werden können.
Der Schlüssel liegt weniger in der Hardware als in der Software, mit der die Industrie einer variablen Nachfrage folgen muss. Was Europa braucht, sind nicht Produktionsstandorte, die leicht zu Milliardengräbern werden. Gefragt sind kluge Köpfe, die Hardware schnell an veränderte Anforderungen anpassen können. Milliarden sollten eher in Aus- und Fortbildung von Talenten fließen als in gelenkte Investitionen. Europas industriepolitisches Defizit ist das Fehlen einer Unternehmensgründungkultur, die es wagemutigen Menschen erlaubt zu scheitern – und ohne Kainsmal neu durchzustarten. In dieser Hinsicht wären die USA tatsächlich ein gutes Vorbild.
Martin.Prem@ovb.net