Solidaritätsmission mit Helm und Schutzweste

von Redaktion

Mitten in der Krise zwischen Russland und der Ukraine fährt Außenministerin Annalena Baerbock an die Front

Kiew – Annalena Baerbock ist erschüttert, und sie zeigt es auch. Gerade eben hat die Außenministerin mit schwarzer schusssicherer Weste und Helm geschützt die Front zwischen den ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten in der Ostukraine besucht. Nun steht sie vor den Kameras und versucht, ihre Gedanken in Worte zu gießen. Sehr bedrückende Bilder bringe sie mit und sehr bedrückende Gefühle, sagt die 41-Jährige.

Zwei Tage lang ist die Ministerin auf Solidaritätsmission in der Ukraine – auch angesichts der teils scharfen Kritik aus dem Land, Deutschland helfe nicht genug und vor allem: Es liefere keine Waffen. Baerbocks Besuch an der Front gehört zu ihrem Vorhaben, den Menschen zu zeigen: Wir haben euch nicht vergessen.

Baerbock hat sich in Schyrokyne umgesehen, gut 20 Kilometer östlich der Hafenstadt Mariupol. Der Weiler galt vor Beginn des bewaffneten Konflikts mit seinen damals 1400 Einwohnern als hoffnungsvoller Badeort. Zwischen September 2014 und Mitte 2015 gab es hier Kämpfe. Seither ist der Ort verlassen. Ein Geisterdorf. Der Fleck am Asowschen Meer sei „eigentlich einer der schönsten Orte hier im Land“, sagt Baerbock. Man spüre dort, was vor Jahren passiert sei: „Dass Menschen von einem Tag auf den anderen alles verloren haben, was sie hatten.“ Die Ministerin berichtet: „Kinderspielzeug liegt noch am Wegesrand, Häuser sind zerstört. Einstmals ein Ferienort gewesen, jetzt ein Zeugnis dessen, dass wir mitten in Europa Krieg haben.“

Baerbock und ihre Delegation müssen in gepanzerte Fahrzeuge der ukrainischen Armee umsteigen. Die größere Gruppe sitzt in einem gepanzerten Mannschaftstransporter des Typs „Kosak“, die Ministerin in einem kleineren gepanzerten Fahrzeug. Die Vorsicht ist begründet: Immer wieder wird scharf geschossen an der mehr als 400 Kilometer langen Front. Erst am Sonntag war nach Angaben der Separatisten auf ihrem Gebiet bei der Stadt Donezk ein Mann von einem ukrainischen Scharfschützen getötet worden. Am Montag wurde ein Soldat der Regierungstruppen verletzt. Seit 2014 sind im Donbass nach UN-Schätzungen mehr als 14 000 Menschen bei Kämpfen getötet worden.

Hoch dramatisch nennt die Ministerin die Lage. Alles müsse dafür getan werden, dass die kriegerischen Handlungen nicht weiter zunähmen, sondern die Waffenruhe eingehalten werde. Sie wiederholt ihr Credo, die Aggression von russischer Seite werde nicht militärisch beendet werden können. Deswegen tue sie „alles dafür, dass wir am Verhandlungstisch Schritt für Schritt vorankommen“. Und sie betont auch: „Jede weitere Aggression hätte massive Folgen für die russische Seite, weil: Das Wichtigste für die Menschen ist Frieden.“ J. BLANK/A. STEIN

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