Biden warnt vor einem „Weltkrieg“

von Redaktion

US-Präsident glaubt, dass sich Putin entschieden hat – Einmarsch könnte nächste Woche beginnen

Brüssel – Es war offenbar ein Alarmruf. Am späten Freitagnachmittag schaltete sich US-Präsident Joe Biden per Video mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und weiteren Verbündeten zusammen, um sich über den Ukraine-Konflikt auszutauschen. Einem Bericht des „Guardian“ zufolge soll Biden die Verbündeten darüber informiert haben, dass Wladimir Putin zum Einmarsch in der Ukraine entschlossen sei. Sein Außenminister Antony Blinken wurde mit den Worten zitiert, es gebe „sehr besorgniserregende Signale einer russischen Eskalation“.

Die Nato hatte kurz zuvor den Ausbau ihrer Präsenz im östlichen Bündnisgebiet auf den Weg gebracht. Die 30 Mitgliedstaaten nahmen in einem schriftlichen Beschlussverfahren einen entsprechenden Vorschlag der Militärs an. Die Pläne zielen insbesondere darauf ab, zur Abschreckung Russlands auch in südwestlich der Ukraine gelegenen Nato-Ländern wie Rumänien multinationale Kampftruppen zu stationieren. Bislang gibt es die sogenannten Battlegroups nur in den baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen. Der Beschluss soll am Mittwoch bei einem Treffen der Verteidigungsminister bestätigt werden. Die Umsetzung der Planungen könnte im Frühjahr erfolgen.

So lange wollen die USA nicht warten. Washington schickt 3000 weitere Soldaten nach Polen. Die derzeit auf dem Stützpunkt Ford Bragg im US-Bundesstaat North Carolina stationierten Soldaten sollten „in den kommenden Tagen“ verlegt werden, kündigte am Freitag ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums an. Ressortchef Lloyd Austin hatte bereits Anfang Februar die Entsendung von 1700 Soldaten nach Polen angeordnet, nun kommen 3000 weitere Soldaten hinzu. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beschrieb die Lage bei dem Besuch eines Luftwaffenstützpunktes in Rumänien mit düsteren Worten. „Die Gefahr eines neuen bewaffneten Konflikts in Europa ist reell“, sagte er mit Blick auf 100 000 russische Soldaten.

Kurz zuvor hatte US-Präsident Joe Biden amerikanische Staatsbürger in der Ukraine zum Verlassen des Landes aufgefordert. Falls es zu einer russischen Invasion kommen sollte, wäre ein Evakuierungseinsatz mithilfe von US-Truppen undenkbar, sagte Biden dem Sender bei NBC. Neu war die Wortwahl: „Das ist ein Weltkrieg, wenn Amerikaner und Russen beginnen, aufeinander zu schießen.“

US-Medien berichteten von einer sich zuspitzenden Lage. Dem Sender PBS zufolge, könne der Einmarsch bereits nächste Woche mit Luftangriffen beginnen. Dazu passt, dass auch Großbritannien seine Landsleute dazu aufrief, die Ukraine zu verlassen. Sie sollten „auf kommerziellen Wegen ausreisen, solange diese verfügbar sind“, teilte das Außenministerium mit. In Washington sagte der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan: „Alle Amerikaner in der Ukraine sollten das Land so bald wie möglich verlassen – und auf jeden Fall in den nächsten 24 bis 48 Stunden.“

Ein Krisentreffen mit Vertretern Russlands und der Ukraine hatte in der Nacht zuvor in Berlin ohne greifbares Ergebnis geendet. Die russische Seite warf den deutsch-französischen Vermittlern nach den mehr als neunstündigen Gesprächen vor, zu wenig Druck auf die ukrainische Regierung auszuüben. Die Regierung in Kiew unternehme alles, um ihre Verpflichtungen im Friedensplan für die Ostukraine nicht zu erfüllen, sagte ein Kremlsprecher. Immerhin: Es wird weiter gesprochen. Am Samstag wollen Biden und Putin miteinander telefonieren.

Artikel 7 von 11