Ärger um RKI-Entscheidungen

Druck ja, Willkür nein

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Ohne in mediale Besserwisserei oder in das undifferenzierte „Alle Politiker sind doof“-Gejammer einzustimmen: Es hat auch eine Reihe saftiger Fehleinschätzungen gegeben in dieser Pandemie, von den Alles-Zusperrern bis zu den Freedom-Day-Krakeelern. Die Politiker haben sich dafür öffentlicher Kritik und vielen Debatten stellen müssen, im Zweifel wurden oder werden sie abgewählt. So funktioniert das in der repräsentativen Demokratie. Und genau deshalb wiegt der Streit um das RKI und den auf die Hälfte verkürzten Genesenenstatus so schwer.

Hier waren es Beamte eines nachgeordneten Instituts – von keinem Bürger und keinem Parlament je gewählt –, die im Januar mit einem Federstrich tief in das Leben von Millionen Menschen eingegriffen haben. Über Nacht, ohne Vorlauf, ohne öffentliche Abwägung verloren Genesene ihren Zugang zu großen Teilen des öffentlichen Lebens. Ja, es ist richtig, für das Impfen zu werben, und dass Politiker und Parlamente auch über virologisch sinnvolle Regeln Druck auf freiwillig Ungeimpfte ausüben – aber diese Aktion war schlicht Willkür. Sie ist auch Gift für den Versuch, die Gräben zu verkleinern.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach verspricht nun, Impf- und Genesenenstatus doch wieder selbst zu regeln. Spät – zu spät! Er ist sonst wahrlich kein Wegducker. Aber diesen Ärger, dazu die Pannen um die digitalen Zertifikate, hätte er sich und uns ersparen müssen.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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