Klar, einfach, nachvollziehbar – so stellt sich Bayerns Gesundheitsminister Holetschek (CSU) eine Impfpflicht-Regelung vor. Der Vorschlag, den die CDU/CSU-Bundestagsfraktion macht, erfüllt diese Kriterien nicht. In der wichtigsten Entscheidung des Jahres wirkt die Union gespalten.
Damit ist sie nicht alleine, auch andere Parteien finden keine einheitliche Linie zur Impfpflicht. Im Gegensatz dazu haben CDU und CSU – als einzige Fraktion neben der AfD – sogar geschlossen einen Vorschlag eingebracht. Der allerdings lässt nicht nur Fragen offen, sondern kommt letztlich einer Vertagung der eigentlichen Entscheidung (Impfpflicht ja oder nein) gleich. Das riecht nach Kalkül. Der Verdacht: Um herauszukehren, wie uneinig sich die Bundesregierung ist, hat die Union einen Kompromiss gestrickt, der so wenig konkret ist, dass sie ihre Abgeordneten dahinter versammeln konnte. CDU und CSU wollten so den zaudernden Kanzler Scholz vorführen – und sich beim politisch heiklen und juristisch wackeligen Verliererthema Impfpflicht gleichzeitig selbst aus der Schusslinie nehmen.
Doch für Taktikspielchen geht es um zu viel. Ob man nun dafür oder dagegen ist: Wenn sich Corona tatsächlich im Herbst wieder mit Wucht melden sollte, wäre es zu spät für eine Impfpflicht. Die Entscheidung fällt also in den kommenden Monaten – selbst wenn sie nicht gefällt wird. Wer sich vor ihr drücken will, ist im Bundestag falsch.
Sebastian.Horsch@ovb.net