München/Berlin – Der Zeitplan rückt immer weiter nach hinten. Wurde ursprünglich einmal der Februar für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht angepeilt, gilt inzwischen der Sommer als realistisches Ziel – wenn der Bundestag dafür stimmt. Die Entscheidung soll dort nun bis Ende März fallen, im April könnte der Bundesrat zustimmen. Die sonst üblichen Fraktionszwänge sollen im Bundestag diesmal nicht gelten, jeder Abgeordnete stimmt für sich selbst ab. Auch ihre Anträge haben die Ampel-Abgeordneten fraktionsübergreifend erarbeitet – in der Opposition machen da aber nicht alle mit. Diese Vorschläge liegen auf dem Tisch.
Impfpflicht für alle ab 18 Jahren
Eine Gruppe um die Abgeordneten Dirk Wiese (SPD), Janosch Dahmen (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) plädiert für eine Impfpflicht für alle Erwachsenen, die ab Oktober gelten und bis Ende 2023 befristet werden soll. Als vollständig geimpft würde anerkannt, wer drei Impfungen erhalten hat oder zwei Impfungen plus eine Covid-19-Genesung nachweisen kann. Der Impfstatus soll über die Krankenkassen abgefragt und so kontrolliert werden. Bei einem Verstoß drohen Bußgelder. Der Antrag wird von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterstützt.
Impfberatung und mögliche Pflicht ab 50
Parlamentarier um den FDP-Abgeordneten und Infektiologen Andrew Ullmann wollen eine verpflichtende Impfberatung als milderes Mittel gegenüber einer Impfpflicht durchsetzen. Sie soll mit einem Impfangebot gekoppelt werden. Hilft dies nicht, die Impfquote bis zum 15. September so weit zu erhöhen, dass das Gesundheitswesen ausreichend gegen eine mögliche neue Infektionswelle gewappnet ist, soll im zweiten Schritt eine Impfpflicht für alle ab 50 Jahren gelten. Dies ist nach Auffassung dieser Gruppe ausreichend und verhältnismäßiger als eine Impfpflicht ab 18. Für die Pflicht wäre ein weiterer Bundestagsbeschluss nach dem 15. September notwendig. Auch diese Regelung soll bis 31. Dezember 2023 befristet werden und hat Unterstützung von Abgeordneten aus allen Fraktionen der Ampel-Koalition.
Impfpflichtgesetz auf Vorrat
CDU und CSU im Bundestag haben sich dazu entschieden, als Fraktion einen eigenen Antrag einzubringen. Er fordert die Bundesregierung auf, ein Impfregister einzurichten und eine gesetzliche Impfpflicht sozusagen auf Vorrat vorzubereiten. Sie soll nicht sofort gelten, sondern „scharf geschaltet“ werden, wenn die Infektionslage wieder bedrohlicher wird, etwa durch eine neue Virusvariante. Nötig wäre nach Vorstellung der Union dann allerdings noch einmal ein erneuter Bundestagsbeschluss, mit dem auch je nach Lage festgelegt werden soll, für welche Personengruppen die Impfpflicht gilt. Das Gesetz für die Impfpflicht auf Vorrat müsste die Regierung erarbeiten.
Aus unionsregierten Ländern kamen hingegen auch immer wieder Forderungen nach einer raschen Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte gestern unserer Zeitung: „Wichtig wird sein, in der Diskussion über die allgemeine Impfpflicht klare, einfache und nachvollziehbare Regelungen zu finden.“ Diese müssten die Menschen ausreichend schützen, verhältnismäßig sein und sollten befristet ausgestaltet werden, so Holetschek.
Keine allgemeine Impfpflicht
Gegen eine allgemeine Impfpflicht wendet sich ein Antrag aus den Reihen der FDP, der unter anderem von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki initiiert wurde. Dessen Unterstützer sehen darin einen unverhältnismäßigen Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Sie sprechen sich zugleich aber für eine Ausweitung der Anstrengungen aus, um mehr Menschen mit Impfangeboten zu erreichen.
Überhaupt keine Impfpflicht
Auch die AfD bringt einen Fraktionsantrag ein. Sie wendet sich nicht nur gegen eine Ausweitung der Impfpflicht, sondern plädiert auch dafür, die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheitswesen wieder aufzuheben.
C. BUSCHOW, S. HORSCH