Separatisten rufen Bevölkerung zur Flucht auf

von Redaktion

Anführer behaupten, Kiew plane einen Angriff – USA sprechen von „zynischem“ Manöver

München – Die Lage in der Ostukraine spitzt sich weiter gefährlich zu. Am Freitag forderten Vertreter der moskautreuen Separatistengebiete im Donbass die Bewohner auf, ins benachbarte Russland zu flüchten. Der Grund: Angeblich bereite Kiew einen Angriff vor. Denis Puschilin, Chef der selbsternannten Volksrepublik Donezk, sprach in einer Videobotschaft von einer Attacke „in nächster Zeit“. Frauen, Kinder und Alte sollten das Gebiet bald verlassen.

Auch die Führung der selbsternannten Volksrepublik Luhansk rief die Menschen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Der russische Präsident Wladimir Putin wies die Regierung in Moskau an, den Flüchtlingen 10 000 Rubel (rund 116 Euro) Soforthilfe auszuzahlen. Allein im Gebiet Donezk sollen 700 000 Menschen in Sicherheit gebracht werden.

Hinweise auf einen ukrainischen Angriff gibt es allerdings nicht. „Eine Angriffsoperation im Donbass führt unvermeidlich zu zahllosen Opfern in der Zivilbevölkerung“, sagte der Oberkommandierende der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj. Man ziehe so etwas „nicht mal in Betracht“.

Die Behauptung der Separatisten passt auch vielmehr zu einem Szenario, vor dem USA und Nato warnen. Demnach versuchen Moskau und seine Verbündeten, einen Vorwand für einen Einmarsch in die Ukraine zu schaffen. Passend: Ebenfalls am Freitag explodierte das Auto eines ranghohen Funktionärs vor einem Regierungsgebäude in Donezk. Auch Schusswechsel zwischen ukrainischen Soldaten und pro-russischen Separatisten nehmen seit Tagen zu, beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, die Lage bewusst zu eskalieren.

Die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nannte die Lage in den Separatistengebieten am Freitagabend in einer Erklärung „höchst besorgniserregend“. Man befürchte, inszenierte Zwischenfälle könnten als Vorwand für eine Eskalation missbraucht werden. Ein Sprecher des US-Außenministeriums nannte die Evakuierungs-Ankündigung der Separatisten ein „zynisches“ Manöver, bei dem Menschen als „Unterpfand“ benutzt würden. Ziel sei es, „die Welt von der Tatsache abzulenken, dass Russland seine Truppen in Vorbereitung eines Angriffs verstärkt“.

Moskau erklärt seit Tagen, man ziehe Truppen von der ukrainischen Grenze ab. Die westlichen Verbündeten – auch die Bundesregierung – sehen das nicht und gehen von einer Täuschung aus. Russland baue seine Präsenz weiter aus, heißt es. Michael Carpenter, US-Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), nannte am Freitag Zahlen: Bis zu 190 000 russische Soldaten sollen um die Ukraine herum bereitstehen. Ende Januar war noch von 130 0000 die Rede. Carpenter sprach von der „ bedeutendsten militärischen Mobilmachung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg“.

US-Präsident Joe Biden hatte Tags zuvor erst vor einem russischen Angriff „in den nächsten Tagen“ gewarnt. Laut dem Portal „Business Insider“ geht die Nato davon aus, dass russische Truppen am Sonntag in optimaler Angriffsformation stehen.

Putin empfing derweil am Freitag den weißrussischen Machthaber Alexander Lukaschenko. Beide Länder halten derzeit eine Militärübung ab, die bis Sonntag dauern soll. An diesem Samstag soll ein weiteres Manöver mit strategischen Truppen und ballistischen Raketen beginnen. Putin und Lukaschenko wollen das Manöver gemeinsam beaufsichtigen.  mmä/dpa

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