Minister Wang ermahnt die Panikmacher

von Redaktion

China kritisiert auf der Siko die USA, warnt aber auch Putin vor einer Invasion in der Ukraine

München – Ein bisschen erinnert diese Siko auch an eine Brautwerbung: Erst umgarnen US-Außenminister Antony Blinken und Vize-Präsidentin Kamala Harris die Europäer, um maximale Geschlossenheit gegenüber Russland zu zeigen. Und dann kommt der Rivale aus China, der das US-EU-Paar zu spalten sucht und Europa seinerseits umschmeichelt. Der – pandemiebedingt nur per Video in den Bayerischen Hof übertragene – Beitrag des chinesischen Außenministers Wang Yi war auch deshalb ein Höhepunkt dieser Sicherheitskonferenz, weil er der einzige wichtige Redner jenseits des transatlantischen „Selbstgesprächs“ war.

Streng gescheitelt, streng blickend: Wenn Wang blumig vom „gemeinsamen Schiff“ schwärmt, in dem die Weltgemeinschaft gemeinsam „durch die Pandemie zu schöneren Horizonten segelt“, dann klingt das aus dem Mund des gestrengen Ministers eher drohend als poetisch. Denn das so lyrisch beschworene „gemeinsame Schiff“ heißt für Peking: Es braucht keine Beiboote, keine Bündnisse wie die Nato mehr, „denn der Kalte Krieg ist lange vorbei“.

Die EU solle sich vor Augen führen, ob die „kontinuierliche Ost-Erweiterung der Nato wirklich Frieden bringt“. Die Nato-Kritik kam nicht überraschend, da Putin und Chinas Präsident Xi Jinping bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele vor gut zwei Wochen in einer gemeinsamen Erklärung die Nato bereits kritisiert hatten.

Doch westliche Beobachter registrierten aufmerksam die Worte Wangs, wonach „Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität eines jeden Landes geschützt und respektiert“ werden sollten. „Denn das ist eine der Grundnormen der internationalen Beziehungen.“ Die Ukraine mache hier keine Ausnahme, betonte Wang – was durchaus als Warnung an Putin verstanden werden konnte, dass ein Überfall auf die Ukraine in Peking nicht auf Zustimmung stoßen würde. „Die Ukraine sollte Brücke zwischen Ost und West sein, keine neue Frontlinie“, so der Chinese.

Doch Wang geißelte auch die Kräfte, „die Panik schüren und das Risiko eines Krieges sensationalisieren“. Das Wort USA nimmt der Chinese nicht in den Mund – aber es ist klar, dass er hier US-Präsident Joe Biden meint.

Mit einer im Westen langfristig befürchteten Invasion in Taiwan kollidiert Chinas Hochhalten der „territorialen Integrität“ nicht – denn Peking sieht Taiwan als abtrünnige, eigentlich zur Volksrepublik gehörende Insel.

Vorwürfe zu Umerziehungslagern für die Uiguren in Xinjiang wies Wang Yi in München als „Lügen und Desinformation“ zurück. Sobald die Pandemie vorbei sei, dürften sich „alle Interessierten“ vor Ort davon überzeugen, dass die Menschen in Xinjiang „in Glück und Harmonie“ zusammenleben. Aber Peking werde keine UN-Untersuchung auf „Grundannahme einer Schuld“ akzeptieren. KLAUS RIMPEL

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