Großbritanniens Premier Johnson

Zwischen Kriegsrhetorik und Ultimatum

von Redaktion

ALEXANDER WEBER

Es wäre wohl unfair, dem britischen Premierminister zu unterstellen, dass die Kriegsangst im Osten Europas ihm gefällt. Aber man tritt Boris Johnson sicher nicht zu nahe, wenn man registriert, dass er die außenpolitische Extremsituation geschickt nutzt, um sich als markiger Anführer zu profilieren – auch und vor allem gegenüber dem heimischen Publikum. Sein kämpferischer Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz und sein BBC-Interview mit der Warnung vor dem „vielleicht größten Krieg in Europa seit 1945“ sprechen dafür, dass er die alte Herrscher-Regel beherzigt, wonach man innenpolitische Probleme am besten überspielt, indem man den Blick der Öffentlichkeit auf außenpolitische Bedrohungen lenkt.

Die größte Gefahr für den Premierminister lauert aber in den eigenen Reihen der Tories. Seit Jahren werden konservative Regierungschefs – von John Major über David Cameron bis hin zu Theresa May – von einer radikalen, einstigen Hinterbänkler-Truppe vor sich hergetrieben, die heute wichtige Schaltstellen der Macht kontrolliert. Sie stört weniger die Party-Skandale um Johnson, die den Rest Großbritanniens so empören. Sie kritisieren – etwa in den Schutzmaßnahmen gegen Corona – zu viele staatliche Einflüsse. Der jetzt von dem Hardliner David Frost vorgelegte „Plan, um Boris, die Tories und Großbritannien zu retten“, ist in Wirklichkeit ein Ultimatum an Johnson: Entweder Du setzt endlich die reine Tory-Lehre um – weniger Steuern, weniger Staat, alles für eine florierende Wirtschaft – oder Deine Zeit in Downing Street läuft ab.

Alexander.Weber@ovb.net

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