GEORG ANASTASIADIS
Man wolle keinen Krieg mit der Ukraine: Gebetsmühlenhaft hat die Kreml-Propaganda wochenlang Putins Lügen verbreitet, sich boshaft über die Angst des Westens und der Ukrainer amüsiert, derweil die westlichen Staatschefs in Moskau Schlange standen, um Frieden zu erbetteln. Doch gab es dafür, wie wir seit Montagnacht wissen, nie eine realistische Chance: Putin will die ganze Ukraine zurück, das hat er in seiner feindseligen Rede am Montagabend unmissverständlich klar gemacht. Nur der von China gebieterisch verlangte olympische Friede vermochte den Kremlherrn noch ein paar Tage aufzuhalten.
Wer jetzt in Deutschland leise aufatmet – die Panzer des Aggressors rollen ja „nur“ durch den ohnehin russisch geprägten Donbass, hurra, dann können wir ja weiter gute Geschäfte mit ihm machen! – lügt sich schon wieder in die Tasche. Putin verfolgt seinen Plan, die Unterwerfung der Länder der alten Sowjetunion, mit unnachgiebiger Härte. Geschmeidig ist er nur beim Ausnutzen passender Gelegenheiten, in Belarus, in Kasachstan und womöglich bald auch im Baltikum, wo ebenfalls russische Minderheiten leben, denen laut Putin schlimme Drangsal (oder gar ein „Genozid“ wie angeblich in der Ostukraine) droht.
Der Donbass war nur der Anfang. Der Westen kann Putins Expansionsdrang und seinen „Friedenstruppen“ nicht viel entgegensetzen. Im Ringen um die Ukraine wird sich zuletzt der stärkere Wille durchsetzen, und den hat Putin. Seine Brutalität lässt die Anführer unserer Demokratien schwach aussehen, selbst wenn sie es nicht sind. Doch sollten wir nicht so dumm sein, dem Kremlherrscher die Kriege gegen unsere europäischen Nachbarn auch noch zu finanzieren. Der Stopp der Ostseepipeline durch Kanzler Scholz war überfällig. Die Gaspartnerschaft mit Russland ist kaputt. Das tut weh. Berlin kassiert jetzt die Quittung dafür, dass es unter allen Europäern im Umgang mit Putin jahrelang am naivsten zu Werke ging. Freiheit und Frieden gibt es nicht zum Nulltarif. Jetzt ist Zahltag.
Georg.Anastasiadis@ovb.net