Schritt für Schritt beerdigt die Ampelregierung die Merkel-Putin-Pipeline: Nach der Aussetzung des Genehmigungsverfahrens durch Kanzler Olaf Scholz sagt der grüne Wirtschaftsminister Habeck, es wäre „klüger“ gewesen, die Röhre gar nicht erst zu bauen. Späte Einsicht ist besser als gar keine. Jetzt endet das zentrale Energieprojekt der Ära Merkel als Bauruine – und als doppeltes Symbol des Scheiterns: Als historischer Fehler entlarvt ist erstens die geostrategische Arroganz der Alt-Kanzlerin, die alle Warnungen der EU-Partner, Putin nicht zu viel Macht zu geben, in den Wind schlug und auf eine an Gutgläubigkeit nicht zu überbietende Ostpolitik setzte. Gescheitert ist zweitens eine Energiepolitik, die überstürzt aus der verlässlichen Energiequelle Atom ausstieg und sich lieber dem unberechenbaren Gaspatron im Kreml in die Arme warf. Den Preis zahlen nun die Gaskunden.
Dem neuen SPD-Kanzler ist zugutezuhalten, dass er die erste Möglichkeit, gesichtswahrend aus dem Pipeline-Projekt auszusteigen, genutzt hat. Doch er hat es als Finanzminister lange kritiklos mitgetragen, während in seiner SPD die Gazprom-Lobbyisten Gerhard Schröder und Manuela Schwesig den Ton angaben. Blamiert steht freilich auch der Riesenstaatsmann Söder da, der noch vor wenigen Wochen die Inbetriebnahme der Ostseepipeline verlangte, weil die öffentliche Stimmung danach war.
Jetzt beginnt, erzwungen durch den Kriegsherrn im Kreml, die Zeit der Fehlerreparatur. Wenn Habeck schon von Klugheit spricht: Clever wäre es, die drei vor der Abschaltung stehenden letzten deutschen Atommeiler noch so lange weiterlaufen zu lassen, bis unser Land über genügend Erneuerbare verfügt, um unbeeindruckt von Putins Drohungen die Versorgung von Bürgern und Wirtschaft mit bezahlbarer Energie sicherzustellen. Billiger als Frackinggas aus Übersee wär’s auch.
Georg.Anastasiadis@ovb.net