München – Der CSU droht eine Russland-Debatte. Die Parteispitze stützt die Haltung der Bundesregierung – doch es gibt auch andere Stimmen. Den ehemaligen Partei-Vize Peter Gauweiler zum Beispiel. Der schrieb gestern eine Mitteilung an den Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, die unserer Zeitung vorliegt. „Wenn eine Strategie keinen Erfolg hat, sollte man es einmal mit dem Gegenteil versuchen“, hieß es darin. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump und die linke Senatorin Alexandria Ocasio-Cortez hätten recht, dass die USA sich aus dem Konflikt heraushalten sollten. „Wir sollten diese Haltung unterstützen“, empfiehlt Gauweiler, selbst lange Mitglied des Bundestags.
Er schlägt eine Volksabstimmung unter UN-Aufsicht in den Regionen Luhansk und Donezk (wie in Schottland) vor. Außerdem sollten alle EU-Sanktionen aufgehoben werden, empfiehlt Gauweiler, der schon als Parteivize mit europa- und amerika-skeptischen Tönen beim Aschermittwoch 2014 für Aufsehen gesorgt hatte.
Die CSU hatte lange ein freundliches Verhältnis zu Putin, der aus seiner KGB-Zeit sehr gut deutsch spricht. Vor allem Edmund Stoiber war dem Kremlchef persönlich zugetan. 2006 war Putin zu Besuch in Aying, 2007 kam er zur Sicherheitskonferenz. Stoiber besuchte ihn mehrfach in Moskau. Der Ehrenvorsitzende begleitete auch Horst Seehofer bei dessen Reise 2016. Der damalige Ministerpräsident irritierte deutsche Russland-Korrespondenten bei einer Pressekonferenz, in der er den Konflikt in der Ostukraine herunterspielte. „Da gibt’s jetzt Schießereien. Das ist nicht gut und sollte beendet werden“, lautete Seehofers lapidare Bilanz. Der deutsche Botschafter wusch den Putin-freundlichen Gästen aus Bayern beim Mittagessen erbost den Kopf.
Inzwischen verfolgt die CSU eine andere Linie. Sogar Stoiber rückt von Putin ab. Dobrindt wollte Gauweilers Ratschlägen gestern nicht folgen. „Russland hat mit seinem widerwärtigen Vorgehen in vollem Bewusstsein den Frieden in Europa zerstört“, sagte er. Auch Parteichef Markus Söder hat von Gauweilers Schreiben gehört, hieß es. Indirekt machte er deutlich, dass er die Lage diametral anders sieht. Söder verurteilte einen russischen „Angriffskrieg“. Es müsse schnelle, wirksame, nachhaltige Sanktionen geben, auch wenn das die eigene Wirtschaft beeinträchtige. mik/cd