Schröders Mitarbeiter werfen hin

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH

München/Berlin – Gerhard Schröder, damals noch Bundeskanzler, saß einmal mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Sauna, als dort plötzlich ein kleines Feuer ausbrach. Schnell raus hier, habe der Russe seinem deutschen Staatsgast signalisiert, so erzählte es Schröder später. Doch er habe darauf bestanden, zuerst sein Bier auszutrinken. Ein Mann, der nicht gleich wegrennt, wenn es heiß wird – das habe Putin gefallen, glaubt der Ex-Kanzler von der SPD.

Auch heute rückt er nicht von Putin ab – trotz dessen Angriffs auf die Ukraine. Wer allerdings nun davonläuft, das sind Schröders Mitarbeiter. Nach mehr als 20 Jahren kehrt Büroleiter und Redenschreiber Albrecht Funk seinem Chef den Rücken, berichtet das Nachrichtenportal „The Pioneer“. Der Grund: Differenzen wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Funk soll Schröder eine schnelle und klare Distanzierung von Putin sowie den Rücktritt von allen Aufsichtsratsmandaten in russischen Unternehmen nahegelegt haben – offensichtlich vergeblich. Auch drei weitere Mitarbeiter geben dem Bericht zufolge ihre Posten auf. Damit dürfte Schröders Büro bald komplett verwaist sein.

Die aus der Politik geborene Männerfreundschaft zwischen Schröder und Putin geht schon lange über gemeinsame Saunabesuche hinaus. Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2. Zudem hat er zuletzt für einen Aufsichtsratsposten beim russischen Gazprom-Konzern kandidiert.

Einst hatte Schröder beteuert, Putin sei ein „lupenreiner Demokrat“. Der Ukraine hatte er noch Ende Januar „Säbelrasseln“ vorgeworfen. Und selbst nach dem Angriff Russlands auf seinen Nachbarn distanzierte sich der Ex-Kanzler nicht klar von seinem Freund im Kreml – wohl aber von dessen Krieg. „Aber auch Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Mittel“, schrieb Schröder in einem Online-Beitrag.

Zu wenig, sagen nicht nur politische Gegner der SPD. Stephan Weil, Ministerpräsident und Landesvorsitzender der SPD Niedersachsen, forderte Schröder öffentlich auf, sein Engagement in russischen Energieunternehmen zu beenden. Der Schweizer Medienkonzern Ringier legte gestern Schröders Beratervertrag auf Eis. Und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil schrieb auf Facebook: „Mit einem Aggressor, mit einem Kriegstreiber wie Putin macht man keine Geschäfte.“ Es sei „deswegen überfällig, die geschäftlichen Beziehungen zu Putin zu beenden. Das erwarte ich unmissverständlich.“ Schröder – der sich einst geweigert hat, mit den USA in den Irak-Krieg zu ziehen – deutet solche Schritte bisher aber nicht einmal an. Matthias Platzeck, ein anderer ehemaliger SPD-Chef, trat derweil gestern als Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums zurück.

Florian von Brunn teilt die Kritik seiner Parteigenossen am Ex-Kanzler uneingeschränkt. Schröder müsse sich nicht nur vom Krieg in der Ukraine, sondern auch von der Person Putin distanzieren, sagte der SPD-Bayern-Chef gestern unserer Zeitung. „Er muss hier klare Kante zeigen.“ Dass er das bisher nicht tue, schade der Partei. „Wenn Gerhard Schröder sich nicht klar von Putin distanziert und möglicherweise sogar weiter Verständnis für ihn zeigt, muss man über weitere Schritte nachdenken.“ Welche Schritte das sein könnten, lässt von Brunn offen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte betont, dem Ex-Kanzler drohe wegen seiner Verbindungen zu Putin kein Parteiausschluss. Doch das war vor dem Überfall auf die Ukraine.

Schröders Büroleiter könnte demnächst hingegen erneut für einen SPD-Kanzler arbeiten. Dem „Pioneer“-Bericht zufolge besitzt Funk ein Rückkehrrecht ins Kanzleramt, wo heute Olaf Scholz das Sagen hat. Scholz muss demnach auch darüber entscheiden, ob Schröder nun neue Mitarbeiter erhält. 407 000 Euro hat das Büro des Altkanzlers die Staatskasse im vergangenen Jahr gekostet.

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