So könnte es im Ukraine-Krieg weitergehen

von Redaktion

Aus Sicht westlicher Regierungen ergeben sich fünf mögliche Szenarien für die kommenden Wochen

Szenario 1: Militärisches Patt

Bisher haben die ukrainischen Streitkräfte der russischen Invasion widerstanden: Der Versuch, die Hauptstadt Kiew mit Fallschirmjägern einzunehmen, wurde in den ersten Kriegstagen abgewehrt. Auch andere wichtige Städte wie Charkiw und Mariupol sind nach wie vor unter ukrainischer Kontrolle. Viele Ukrainer haben sich den Verteidigungseinheiten angeschlossen. Mithilfe westlicher Waffen und Geheimdienste könnten die ukrainischen Truppen in der Lage sein, in Kiew auszuharren und ein militärisches Patt zu erzwingen. „Der Westen könnte mit seinen Sanktionen Putin dazu bringen, sein zentrales Kriegsziel aufzugeben, die ukrainische Regierung zu enthaupten und eine prorussische Marionette zu installieren“, schreibt Samuel Charap vom US-Thinktank Rand Corporation.

Szenario 2: Wandel in Russland

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Volksaufstand oder Staatsstreich Putin zu Fall bringt, scheint derzeit gering; Beobachter schließen diese Möglichkeit jedoch nicht aus. Der Kreml geht hart gegen unabhängige und ausländische Medien vor. Doch auch in der herrschenden Elite bröckelt der Rückhalt für Wladimir Putin: Einige Oligarchen, Abgeordnete und sogar der private Ölkonzern Lukoil fordern ein Ende der Kämpfe.

Szenario 3: Russland siegt militärisch

Angesichts der militärischen Überlegenheit erwarten westliche Verteidigungsexperten, dass die russischen Truppen weiter vorrücken. Doch selbst wenn russische Truppen den ukrainischen Präsidenten Selenskyj absetzen und den Widerstand brechen, stünde Moskau vor der Herausforderung, ein Land mit 40 Millionen Einwohnern zu besetzen. „In eine Stadt einzudringen ist nicht dasselbe, wie sie zu halten“, schreibt der britische Kriegshistoriker Lawrence Freedman.

Szenario 4: Der Krieg wird ausgeweitet

Die Ukraine grenzt an vier ehemalige Sowjetstaaten, die jetzt der Nato angehören. Wird ein Mitglied angegriffen, gilt das als Angriff auf das gesamte Verteidigungsbündnis. Kaum ein Experte erwartet, dass Putin ein Nato-Mitglied direkt angreift. Denkbar sind jedoch Provokationen. Politikwissenschaftler Charap warnt vor den „Risiken eines Unfalls, eines Zwischenfalls oder einer Fehleinschätzung, die zu einem Krieg zwischen der Nato und Russland führen könnten“.

Szenario 5: Die Nato wird Teil des Krieges

Eine direkte Konfrontation zwischen Nato und Russland wurde bislang ausgeschlossen, da dies einen Atomkrieg zur Folge hätte. Putin drohte dem Westen jedoch mit Atomwaffen. Westliche Beobachter sind der Meinung, dass solche Drohungen die USA und Europa davon abhalten sollen, Interventionen wie eine Flugverbotszone über der Ukraine in Betracht zu ziehen. „Diese Ankündigungen richten sich in erster Linie an ein westliches Publikum, um uns Angst zu machen und unsere Gesellschaften zu verunsichern“, sagt Gustav Gressel, Experte für Raketenabwehr beim Thinktank European Council on Foreign Relations. „Sie sind substanzlos.“  afp

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