Es geht wohl den allermeisten Menschen so bei dem Betrachten der schrecklichen Bilder aus der Ukraine: Man ist hin- und hergerissen zwischen Mitgefühl für die gegen Putins Mordmaschinerie um ihr Leben kämpfenden Menschen – und gleichzeitig der Warnung des Verstandes, jetzt nicht Hals über Kopf in einen dritten Weltkrieg hineinzuschlittern. Die Grenzen zwischen tatkräftiger Unterstützung für das überfallene Land und gefährlicher Eskalation zwischen der Nato und Russland sind fließend.
Etwa die Frage: Soll der Westen über der Ukraine eine Flugverbotszone einrichten und via Polen Kampfflieger nach Kiew liefern? Die Nato hat sich zu Ersterem ablehnend positioniert. Man ist sich einig: Eine Flugverbotszone wäre ein direkter Eingriff in den Krieg gegen Russland, weil sie dann auch von Nato-Kampfjets durchgesetzt werden müsste. Die Lieferung von Kampfflugzeugen ist dagegen umstrittener. Während die USA offensiv für die Entsendung polnischer MiG-Kampfjets aus sowjetischer Produktion werben (die können ukrainische Piloten fliegen), gibt sich die Regierung in Warschau zurückhaltend – mit guten Argumenten. Das könnte in den Augen des offenbar ohnehin in hohem Maße irrationalen Kreml-Herrn als Kriegserklärung des Westens missdeutet werden. Bevor man die militärische Büchse der Pandora öffnet, sollte der Westen sein schärfstes ziviles Schwert zücken: das Ende der Energieimporte aus Russland. Und damit das Versiegen der Geldquelle für Putins Kriegskasse.
Alexander.Weber@ovb.net