MIKE SCHIER
Das Ergebnis war leider das erwartete: Das Gespräch der Außenminister Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba in Antalya endete gestern ohne Waffenruhe. Im Gegenteil: Lawrows Äußerungen, die USA hätten in der Ukraine Laboratorien für die Entwicklung von biologischen Waffen betrieben, könnten den nächsten Vorwand liefern, die Angriffe auf die Ukraine zu intensivieren. Die Behauptungen der CIA, Putin sei „wütend und frustriert“ über den stockenden Angriff, mögen hoffnungsvoll klingen – umgekehrt müssen sie einen auch mit Sorge erfüllen.
Dass sich der russische Präsident in kriegerischen Auseinandersetzungen nicht um die Zivilbevölkerung schert, haben seine Truppen schon in Tschetschenien und Syrien bewiesen. 2016 warf beispielsweise Amnesty International Russland vor, in Syrien im Vorjahr absichtlich dutzende Kliniken angegriffen zu haben – das sei inzwischen Teil der militärischen Strategie. An diese Berichte muss man heute wieder denken, wenn man die Bilder der zerstörten Geburtsklinik in Mariupol sieht. Lawrow behauptet einfach, es habe sich nicht um eine Klinik, sondern ein Lager ultraradikaler Kämpfer gehandelt.
Putin hat sein Land mit dem Angriff in eine Sackgasse manövriert. Die Geschlossenheit der westlichen Staaten, aber auch der Privatwirtschaft dürften ihn ebenso überrascht haben wie der Kampfeswille der Ukrainer. Abgesehen von China ist sein Land isoliert: politisch, wirtschaftlich, kulturell. Und trotzdem sollte niemand erwarten, dass ein ehemaliger KGB-Agent zurückzieht und den entsprechenden Gesichtsverlust in Kauf nimmt. Die Zeichen stehen leider weiter auf militärische Eskalation.
Mike.Schier@ovb.net