Friedensverhandlungen stocken weiter

von Redaktion

Putin-Gefolgsmann gesteht Probleme ein – Guterres hält Atomkrieg für möglich

Kiew/Moskau/Berlin – Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über eine Waffenruhe haben erneut keine greifbaren Ergebnisse gebracht. Am 19. Kriegstag vertagten sich die Unterhändler auf diesen Dienstag. Die Ukraine forderte ein Ende des Krieges und einen Abzug der russischen Truppen. Moskau verlangt, dass Kiew die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisches Territorium sowie die ostukrainischen Separatistengebiete als unabhängige Staaten anerkennt. Geplante Evakuierungen von Zivilisten aus der belagerten Hafenstadt Mariupol sind ukrainischen Angaben zufolge auch gestern weitgehend gescheitert. Eine Kolonne von Privatautos hätte die Stadt aber verlassen können.

Das russische Verteidigungsministerium schließt derweil die Einnahme großer Städte nicht aus. Die militärischen Pläne erläuterte Putins Sprecher Dmitri Peskow so: „Zu Beginn der Operation hat der russische Präsident das Verteidigungsministerium angewiesen, von einem sofortigen Angriff auf die großen Bevölkerungszentren, einschließlich Kiews, abzusehen“. Das Verteidigungsministerium schließe nun nicht aus, die vollständige Kontrolle über große besiedelte Gebiete zu übernehmen. Grund sei, dass „nationalistische Formationen“ angeblich „militärisches Gerät“ in Wohngebieten platziert hätten.

Ein Gefolgsmann Putins, der Chef der russischen Nationalgarde Viktor Solotow, gestand gestern Probleme ein: „Ich möchte sagen, dass, ja, nicht alles so schnell läuft, wie man sich das wünschen würde.“ Das russische Militär macht nach Einschätzung der US-Regierung nur langsam Fortschritte beim Vorstoß auf die ukrainische Hauptstadt Kiew. Stellenweise seien die Soldaten weiter rund 15 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, sagte ein hoher US-Verteidigungsbeamter. Ein kilometerlanger, ins Stocken geratener russischer Militärkonvoi sei nicht wirklich vorangekommen.

In der ostukrainischen Großstadt Donezk wurden nach Angaben der prorussischen Separatisten mindestens 20 Menschen durch Trümmer einer ukrainischen Rakete getötet. Unter den Opfern seien Kinder. Nach ukrainischen Angaben wurde das Gelände der für Frachtmaschinen bekannten Antonov-Flugzeugwerke in Kiew beschossen. Heftige Gefechte gab es nördlich und östlich von Kiew. Die Angaben beider Seiten lassen sich nicht überprüfen.

Das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl ist nach Angaben des ukrainischen Betreibers Ukrenerho erneut ohne Strom. Die Leitung, die das Werk sowie die nahe gelegene Stadt Slawutytsch nördlich von Kiew versorge, sei von den russischen Kräften beschädigt worden.

UN-Generalsekretär António Guterres schließt auch die Möglichkeit eines Atomkrieges angesichts der Entwicklungen im Ukraine-Krieg nicht mehr aus. „Die Aussicht auf einen nuklearen Konflikt, einst undenkbar, ist jetzt wieder im Bereich des Möglichen“, sagte er gestern.  dpa

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