München – Es war ein Handschlag, der möglicherweise auch grünes Licht für den Angriff auf die Ukraine gab: Als Wladimir Putin am 4. Februar nach Peking reiste, um an der Seite von Xi Jinping die Eröffnung der Olympischen Winterspiele zu feiern, verabschiedeten die beiden ein Manifest, in dem beide Staaten sich ihrer „grenzenlosen“ Freundschaft versicherten und eine „weitere Ausdehnung der Nato“ ablehnten.
Damit weichte China den bisherigen Kurs der Neutralität zwar auf. Doch ganz so „grenzenlos“ ist die Unterstützung für Putins Ukraine-Krieg nicht: Laut einer Analyse des Berliner Mercator Instituts for China Studies (Merics) ist die Führung in Peking bei aller Kritik am Westen gespalten, inwiefern China Putins Krieg unterstützen sollte – auch aus Sorge, selbst mit Sanktionen belegt zu werden. Der Ukraine-Krieg habe für Peking eine Zwickmühle geschaffen, so ein Professor der Nanjing Universität: „Wie kann China seine Beziehungen zu Moskau retten, ohne die zur EU zu beschädigen? Je länger und blutiger der Ukraine-Krieg ist, desto größer werden die Kopfschmerzen für Peking.“
Chinas Rolle in dem Angriffskrieg gilt als undurchsichtig. Die „New York Times“ berichtete Anfang März, hohe Beamte in Peking hätten von den Kreml-Plänen gewusst und die Russen gebeten, bis zum Ende der Olympischen Spiele mit der Invasion zu warten. Am Sonntag berichtete die Zeitung dann, Russland habe die Chinesen um militärische und wirtschaftliche Hilfe gebeten.
Beide Seiten wiesen das zurück, Peking sprach gar von „Desinformation“. „Das ist bösartig“, so ein Sprecher des Außenministeriums. China habe immer eine konstruktive Rolle bei der Förderung von Friedensgesprächen gespielt. Oberste Priorität habe nun, dass alle Parteien Zurückhaltung üben, um die Situation zu deeskalieren.
Vor einem Treffen des Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Jake Sullivan, mit dem obersten chinesischen Außenpolitiker Yang Jiechi in Rom zeigte sich Sullivan über mögliche Hilfe aus Peking für Moskau besorgt: Die US-Regierung beobachte „genau“, in welchem Umfang China Russland „materielle Unterstützung oder wirtschaftliche Unterstützung“ gewähre. Washington werde nicht untätig zusehen, falls ein Land Russland für die wirtschaftlichen Schäden der Sanktionen entschädigen sollte.
Auf der am Freitag zu Ende gegangenen Tagung des Volkskongresses sprach sich Chinas Regierungschef Li Keqiang gegen die internationalen Sanktionen gegen Russland aus, weil sie seiner Meinung nach der wirtschaftlichen Erholung der Welt schadeten. Doch die Möglichkeiten Chinas, westliche Sanktionen wie den Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem Swift auszugleichen, sind begrenzt: Einen Großteil seiner russischen Öl- und Gasimporte bezahlt China in Euro – da der Yuan nicht frei konvertierbar ist, ist er auch für Russland nicht sonderlich attraktiv. „Ich bin skeptisch, ob China imstande wäre, den Druck globaler Finanzsanktionen auf die Russen bedeutend zu mindern“, so der China-Experte und Merics-Direktor Mikko Huotari im „Spiegel“. KLAUS RIMPEL