Superbomber für die Luftwaffe

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

München – Es ist drei Jahre her, da saß Olaf Scholz (SPD) beim Interview in unserer Redaktion – und die Frage nach dem Zwei-Prozent-Versprechen an die Nato empfand der damalige Finanzminister als mittlere Unverschämtheit. Die offiziell autorisierte Antwort lautete: „Unsere Streitkräfte müssen gut gemanagt werden und mit dem vielen Geld ordentlich umgehen, das verlangen die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von allen, die Verantwortung tragen.“ Auf Deutsch: Der Etat ist hoch genug, die Bundeswehr soll gefälligst besser aufpassen, wie und wo sie ihre Milliarden versenkt.

Inzwischen ist Scholz Kanzler – und in Sachen Bundeswehr zu neuen Erkenntnissen gelangt. Heute erwarten die Bürgerinnen und Bürger, dass das Land ordentlich verteidigt wird, weshalb Scholz nach dem russischen Einmarsch mal eben ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr verkündet hat. Wofür das Geld ausgegeben wird, ist seither eine der großen Fragen in Berlin. Tatsache ist: Alles auf einmal wird nicht verpulvert. Die 100 Milliarden werden jetzt einmalig zur Verfügung gestellt und können bis Ende der Legislaturperiode abgerufen werden. Damit wäre dann das Zwei-Prozent-Versprechen erfüllt, obwohl der normale Verteidigungsetat zunächst nicht angetastet wird.

Jetzt scheint die erste große Investition festzustehen: Die Bundesregierung will die Luftwaffe mit F-35-Tarnkappenjets ausrüsten. Die Maschinen des Herstellers Lockheed Martin sollen als Nachfolgemodell der vor mehr als 40 Jahren eingeführten Tornado-Flotte beschafft werden. Von einst mehr als 350 Tornados sind offiziell noch 93 im Dienst. „Schätzungsweise ein Drittel davon dient als Ersatzteillager“, spottete die „Frankfurter Allgemeine“.

Der Tarnkappenjet F-35 gilt dagegen als das modernste Kampfflugzeug der Welt – und er ist vor allem sofort verfügbar. Sechs Infrarotkameras an der Außenhülle nehmen im Flug die Umgebung auf und übertragen die Bilder direkt in den Helm des Piloten, der dadurch einen 360-Grad-Blick bekommt. Wegen ihrer speziellen Form und Außenbeschichtung sind die Maschinen für gegnerisches Radar schwer zu entdecken. Die Bundesregierung plant die Anschaffung von bis zu 35 Stück. Der Jet fliegt mit 1,6-facher Schallgeschwindigkeit und kann knapp zehn Tonnen Waffen transportieren – auch Atomwaffen. Damit wird die nukleare Teilhabe innerhalb der Nato weiter ermöglicht – das Konzept der atomaren Abschreckung ist leider weiter aktuell.

Bislang hatte das Verteidigungsministerium geplant, das US-Flugzeug F-18 zu kaufen, das für einen Einsatz mit Atomwaffen erst noch hätte zertifiziert werden müssen. Für den elektronischen Kampf will die Regierung 15 Eurofighter anschaffen, die Airbus allerdings noch umrüsten muss. Für den Rüstungsstandort Bayern sind das gute Nachrichten. Man stärke mit den Anschaffungen die transatlantische Partnerschaft, ohne die europäische Kooperation infrage zu stellen, heißt es intern.

Noch im Wahlkampf hatte sich Scholz geweigert, sich klar zu bewaffneten Drohnen zu bekennen. Jetzt ist auch deren Anschaffung unstrittig. Geplant sind zudem neue Transport- und Kampfhubschrauber. Milliarden sollen in den Aufbau einer Raketenabwehr gehen. Auch am Boden will man investieren: Weitere Schützenpanzer vom Typ Puma sind im Gespräch – allerdings haben Lieferschwierigkeiten, Preisexplosionen und Pannen die Begeisterung geschmälert. Intern wird offenbar der Radpanzer Boxer von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann bevorzugt, heißt es in Koalitionskreisen.

Ein bisschen hatte der Scholz von 2017 übrigens doch Recht. Bereits seit Putins Einmarsch auf der Krim 2014 wurde der Verteidigungsetat stufenweise stark erhöht – von 32 auf 50 Milliarden Euro, Man kann nicht behaupten, dass die Kampfbereitschaft dadurch besser wurde. Zu viel Bürokratie, zu komplizierte Beschaffung. Gut möglich, dass der Bundeswehr nicht nur beim Budget, sondern auch beim Beamtenapparat eine kleine Revolution ins Haus steht.

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