15-Punkte-Plan in Vorbereitung?

von Redaktion

VON S. HEINEMEYER, H. WAGNER UND B. VON IMHOFF

Kiew/Moskau – Knapp drei Wochen nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine werden die Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau über ein Kriegsende konkreter. Es würden Dokumente ausgearbeitet für mögliche direkte Gespräche zwischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak dem US-Sender PBS.

Der Internationale Gerichtshof ordnete nach einer Klage der Ukraine an, dass Russland sofort die militärische Gewalt in der Ukraine beenden muss. Russland blieb der Verlesung der Entscheidung des höchsten UN-Gerichts in Den Haag fern. Das Urteil ist zwar bindend, doch Experten bezweifeln, dass Moskau sich an eine Anordnung halten wird. Die Entscheidung des Gerichts kann gleichwohl internationale Signalwirkung haben und den Druck erhöhen.

Der ukrainische Präsidentenberater Podoljak sagte zu einem möglichen Treffen von Selenskyj mit Putin: „Der einzige Weg, diesen Krieg zu beenden, sind direkte Gespräche der beiden Präsidenten. Daran arbeiten wir bei diesen Verhandlungen.“ Derzeit würden diese Dokumente ausgearbeitet, welche die Staatschefs dann vereinbaren und unterzeichnen können. „Das könnte schon bald passieren.“

Nach Informationen der „Financial Times“ arbeiten beide Seiten an einem 15-Punkte-Plan. An erster Stelle stünden die von Russland geforderte Neutralität und Entmilitarisierung der Ukraine sowie der von Kiew verlangte Abzug russischer Truppen. Territoriale Streitfragen sollten demnach erst später diskutiert werden. Podoljak dämpfte jedoch die Erwartungen. Der Plan gebe nur die russischen Forderungen wider, „mehr nicht“.

Selenskyj hatte bereits in einer in der Nacht zu Mittwoch veröffentlichten Videobotschaft erklärt, die Verhandlungspositionen hörten sich mittlerweile realistischer an. Bis die Ukraine zufrieden sein könne, dauere es aber noch. „Es braucht Mühe und Geduld. Es muss noch gekämpft und gearbeitet werden.“ Jeder Krieg ende mit einer Vereinbarung.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte der russischen Zeitung „RBK“, die Gespräche seien nicht einfach. „Dennoch besteht eine gewisse Hoffnung, einen Kompromiss zu erzielen.“ Es gebe bereits konkrete Formulierungen, „die meiner Meinung nach kurz vor der Einigung stehen“. Dabei geht es Lawrow zufolge darum, dass sich die Ukraine für neutral erklären soll. Dieses werde nun „ernsthaft diskutiert, natürlich in Verbindung mit Sicherheitsgarantien“.

Putin machte dem Westen schwere Vorwürfe. Nach seinen Worten drängten die „westlichen Schutzherren“ die Ukraine zu einer Fortsetzung des Blutvergießens. Sie lieferten Waffen, Informationen und schickten Söldner in das Nachbarland. Moskau werde aber nicht zulassen, dass die Ukraine zum „Aufmarschgebiet einer Aggression gegen Russland“ werde.

Unterdessen gingen die Kämpfe unvermindert weiter. In Tschernihiw sollen russische Streitkräfte dabei auf Zivilisten geschossen haben, die vor einer Bäckerei warteten. Nach ukrainischen Angaben sollen mindestens zehn Personen gestorben sein. In Mariupol wurde ein Theater bombardiert, in dem hunderte Menschen Zuflucht gesucht hatten. Die Stadtverwaltung meldete, ein russisches Flugzeug habe eine Bombe abgeworfen. Russland wiederum gab ukrainischen Truppen die Schuld.

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