Ein Haushalt unter Vorbehalt

von Redaktion

Die Ampel nimmt viele Schulden auf – und durch die Kriegsfolgen könnte es noch dicker kommen

München – Der Finanzminister kann sich ein süffisantes Lächeln nicht verkneifen. „Intensive Tage“ lägen hinter ihm, sagt Christian Lindner (FDP). Man habe ausgiebig über diesen ersten Ampel-Haushalt verhandelt, auch über die Eckpunkte für 2023 und den Finanzrahmen der restlichen Legislaturperiode. „Dabei haben wir die Vorhaben der Koalition und uns selbst noch einmal neu kennengelernt“, sagt er trocken. Was er nicht sagt: Die Kabinettsmitglieder kennen jetzt auch den Finanzminister.

Mehrfach hatte der FDP-Mann die großen Ausgabenwünsche seiner Kollegen öffentlich gerügt. Gestern bemüht er sich sichtlich, das Ergebnis der Verhandlungen als Erfolg zu verkaufen. Trotz der Neuverschuldung von 99,7 Milliarden Euro, die nun weniger in die Corona-Hilfe fließt, sondern in Investitionen für Klimaschutz und einen Umbau der Wirtschaft. Diese Haushalt sei ein „erster Schritt, Deutschland moderner, nachhaltiger, digitaler und freier zu machen“.

Doch das ist nur ein Teil der Wirklichkeit – zu unübersichtlich sind die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Schon die Aufrüstung der Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro, die in einem „Sondervermögen“ festgehalten werden, stellt alles auf den Kopf. Lindner sagt klar, dass noch weitere Belastungen folgen: Kosten für die Unterbringung der Ukraine-Flüchtlinge, dazu weitere Hilfen für Bürger und Wirtschaft angesichts der hohen Energiepreise. Allein das gestern beschlossene erste Paket reißt schon eine Lücke von 4,5 Milliarden Euro. Man könne das zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht seriös beziffern, sagt Lindner. Er werde einen Ergänzungshaushalt vorlegen, sobald er verlässlichere Angaben machen könne.

Der Opposition ist dieses Vorgehen zu einfach: „Dieser Haushalt hat sich bereits überholt, noch bevor er im Gesetzblatt steht“, moniert CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Unions-Chefhaushälter Christian Haase (CDU) findet, sowohl die Neuverschuldung für 2022 als auch die Werte für die Jahre ab 2023 seien „letztlich nur reines Marketing“ und „reine Camouflage“.

Augenblicklich umfasst der Etatentwurf 2022 ohne Sondervermögen Ausgaben von 458 Milliarden Euro, knapp 100 Milliarden davon sind Schulen. Trotz aller Unwägbarkeiten will Lindner ab 2023 aber wieder die Schuldenbremse einhalten. „Die Schuldenbremse ist die Regel – nicht die Ausnahme“, sagt sagt er und verweist auf die Verfassung. Entsprechend soll dann die Neuverschuldung sinken, nämlich auf 7,5 Milliarden Euro. Insgesamt sind für 2023 Ausgaben von 413 Milliarden Euro geplant.

Zum Teil kommt es zu deutlichen Änderungen der Einzelbudgets (siehe Grafik), die sich auch durch Corona-Sonderausgaben und den Neuzuschnitt der Ministerien erklären. Zufrieden ist Bauministerin Klara Geywitz (SPD): Bis 2026 seien insgesamt 14,5 Milliarden Euro für Programme des sozialen Wohnungsbaus vorgesehen – „das Dreifache der ursprünglichen Finanzplanung“. MIKE SCHIER

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