„Inzidenzen dürfen uns keine Angst machen“

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

München – Trotz aller Lockerungspläne – der Standardspruch dieser Tage lautet: Corona ist noch nicht vorbei. Am eigenen Leib erfahren muss das ausgerechnet der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans. Statt im Schlussspurt des Wahlkampfs von Tür zu Tür zu ziehen, muss er sich nun sogar von der eigenen Familie isolieren. „Mein Team stärkt mir dabei den Rücken und wird nun noch mehr unterwegs sein“, twitterte Hans. Die Infektion trifft ihn zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt – in den Umfragen liegt die CDU deutlich hinter der SPD. Deren Kandidatin Anke Rehlinger ist frisch genesen.

Heute kann Hans vom Homeoffice aus an der Sitzung der Landeschefs teilnehmen. Einst war die Ministerpräsidentenkonferenz nur politischen Feinschmeckern bekannt, in Corona-Zeiten wussten schließlich fast alle, wofür die Abkürzung MPK steht. Heute ist also wieder MPK, aber die Ampel hat den Ministerpräsidenten die Deutungshoheit entzogen. Die großen Linien gibt nun das Infektionsschutzgesetz vor.

Die künftige bundesweite Rechtsgrundlage für Corona-Regeln soll unter hohem Zeitdruck morgen von Bundestag und Bundesrat besiegelt werden. Gestern beriet der Bundestag. Die Antwort der Koalition auf die schlimme Lage lasse einen fassungslos zurück, schimpfte der CDU-Abgeordnete Hendrik Hoppenstedt. Der Linke-Politiker Ates Gürpinar verwies auf die höchsten Fallzahlen seit Beginn der Pandemie. „Als Reaktion gibt die Regierung nahezu alle Regelungen ab, die die Inzidenzen beherrschbar machen könnten.“

Der von der Bundesregierung erarbeitete Entwurf sieht vom 20. März an nur noch Schutzregeln mit Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen vor. Auch im ÖPNV gelten weiter Masken. Nur für regionale „Hotspots“ sollen weitergehende Beschränkungen möglich sein, wenn das Landesparlament eine besonders kritische Lage feststellt. Viele Länder wollen eine Übergangsfrist nutzen. So beschloss das bayerische Kabinett bereits am Dienstag, dass die FFP2-Maskenpflicht im Freistaat zumindest bis 2. April weiter gilt.

Unterstützung bekommt die Ampel aber von Dr. Christoph Spinner vom Münchner Klinikum Rechts der Isar. Aus medizinischer Sicht sei es immer darum gegangen, die Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. „Im fast gesamten Bundesgebiet sind die Fallzahlen zwar höher denn je. Die Belastung der Kliniken ist zwar weit entfernt vom Normalbetrieb – aber überall gut beherrschbar“, sagte Spinner im BR. Weitreichende Maßnahmen hätten ihre Daseinsberechtigung gehabt – aber es sei immer auf die Verhältnismäßigkeit angekommen. Inzwischen sei die Immunität der Bevölkerung deutlich verbessert. Spinner: „Die Inzidenzen alleine dürfen uns keine Angst machen.“  (mit dpa)

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