Machtproben sollte man nur riskieren, wenn man weiß, dass man sie auch gewinnt. Im Ringen um den Chefposten im Wirtschaftsausschuss des bayerischen Landtages hat sich Markus Söder gerade eine schmerzhafte Watschn eingefangen. Mit klarer Mehrheit wählte die CSU-Fraktion die von Söder als Ministerin gefeuerte Kerstin Schreyer. Und das, obwohl der Ministerpräsident seine Vertrauten ins Gefecht geschickt hatte, um Schreyer zu verhindern.
Nur eine nachrangige Personalie, gewiss. Aber die krachend gescheiterte Intervention von ganz oben sorgt dafür, dass es nun auch der Begriffsstutzigste kapiert: Die CSU-Fraktion hat es satt, sich von Söder und dessen willfährigem Gefolgsmann und Fraktionsvorsitzenden Thomas Kreuzer Vorschriften machen zu lassen. Die One-Man-Show funktionierte, solange Söder der CSU Stimmengewinne versprach. Doch jetzt wird die Partei rebellisch. Überall werden die Risse im Machtgefüge sichtbar. Als Erste ging die Junge Union auf Distanz, jetzt folgt die Fraktion. Längst hat das Murren auch hohe Parteikreise erfasst. Von den alten Recken der Partei ist hinter verschlossenen Türen kaum mehr ein gutes Wort über den Chef zu vernehmen.
Ins Stocken geraten ist auch die Aufholjagd, die man in der Staatskanzlei vor der Bayernwahl im Herbst 2023 gegen die Berliner Ampelparteien starten wollte. Der Ukrainekrieg sorgt dafür, dass alle Scheinwerfer sich auf die Bundesregierung richten. Ungehört verhallt selbst Söders Protest gegen die angeblich zu laxe Corona-Politik der Ampel. Diese trifft aber das Lebensgefühl der meisten Menschen, wenn sie von einem fälligen „Schritt Richtung Normalität“ spricht und keine Maßnahmen zum Schutz der Ungeimpften mehr will. München hat gerade Sendepause.
Georg.Anastasiadis@ovb.net