Päpstlicher Rückenwind für Manfred Weber

von Redaktion

VON CLAUDIA MÖLLERS

Rom – Um 9.30 Uhr im unteren Warteraum des Apostolischen Palastes wird Manfred Weber nun doch ein wenig nervös. Der 49-jährige CSU-Politiker aus Niederbayern, der in Europa zum nächsten Karriere-Sprung ansetzt, hat eine Privat-Audienz bei Papst Franziskus. Akribisch hat er sich vorbereitet auf diesen Termin im Vatikan. Es ist sein erstes Vier-Augen-Gespräch mit dem Heiligen Vater, und das in erschütternden Zeiten. In der Ukraine herrscht seit drei Wochen ein furchtbarer Krieg, keine zweieinhalb Flugstunden entfernt von Rom werden am Morgen heftige Explosionen nach Luftangriffen aus fast allen Regionen des geschundenen Landes gemeldet. Die Welt ist aus den Angeln gehoben.

Eine Dreiviertelstunde dauert das Gespräch, nach einer kurzen Begrüßung auf Deutsch wechselt Franziskus ins Italienische, Weber spricht Englisch. Der Krieg, die Zukunft der christdemokratischen Politik in Europa und die Reformbestrebungen in der Kirche sind die Themen, die Weber auf den Nägeln brennen. „Der Papst hat berichtet, dass er am Donnerstag noch mit dem Patriarchen von Moskau telefoniert hat. Dabei hat er dafür geworben, Frieden zu schaffen und den Krieg zu beenden“, berichtet Weber. Hinter den Kulissen laufen offenbar die Drähte der kirchlichen Diplomatie heiß. Was Kyrill, der den russischen Präsidenten und Aggressor Wladimir Putin unterstützt, geantwortet hat, das habe der Papst aber nicht gesagt. Oder es bleibt Verschluss-Sache zwischen den beiden Männern in der päpstlichen Bibliothek. Es gilt schließlich als Ehrensache, aus Privat-Audienzen nichts auszuplaudern, was über das ohnehin Bekannte hinausgeht.

Zumindest verrät Weber soviel, dass der Papst, dem in den letzten Wochen immer wieder vorgeworfen wurde, dass er den Aggressor Russland nicht beim Namen nennt, sich klar dazu bekannt habe, sich um einen Weg zu bemühen, Frieden zu stiften. Für Weber hängt die Chance auf Frieden ganz eng mit der Wirtschaft zusammen. Bei seinen zahlreichen politischen Gesprächen, die er anlässlich seines Vatikan-Besuchs führt, wird er nicht müde zu betonen: „Die ganz große Frage ist das Energiethema: 660 Millionen Euro überweisen wir jeden Tag aus den europäischen Staaten an Russland. Die Zahl zeigt jedem, dass da noch viel an wirtschaftlicher Substanz da ist.“ Man müsse sich die Frage stellen, wie weit man geht.

Unterstützt durch den Papst fühlt sich Weber im Bemühen, der Christdemokratie in Europa zu mehr Geltung zu verhelfen. Am Montag wird der Niederbayer von CDU und CSU zum gemeinsamen Kandidaten für das Amt als Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) benannt. Die Wahl ist am 31. Mai in Rotterdam und die Chancen für den CSU-Politiker, der derzeit Fraktionsvorsitzender der EVP im Europa-Parlament ist, stehen nicht schlecht. Ein Gegenkandidat ist nicht in Sicht. Allein die Einladung zur Papst-Audienz dürfte Manfred Weber zu weiterem Rückenwind auf seinem Weg an die Spitze der europäischen Christdemokraten verhelfen. Eine profilierte Christdemokratie in Europa ist „etwas, was die Welt braucht“, bringt Weber aus dem Gespräch mit. Er fühlt sich durch Franziskus bestärkt in seinem Bemühen, gemeinsam europaweit Politik auf der Grundlage christlicher Überzeugungen zu machen. Neues Denken, Innovationen im Klimaschutz, im Digitalen, in der Familienpolitik habe der Papst angeregt: „Nur so funktioniere es, dass man auf Dauer die Gesellschaft zusammenhält.“

Auch über notwendige Reformen der Kirche hat Weber mit Franziskus gesprochen. Der Politiker drängt auf Modernisierung, konnte seine Forderungen beim Papst „platzieren“, wie er es nennt. In erster Linie die Frauenfrage, die seiner Meinung nach an oberster Stelle steht: „Ich habe ihm gesagt, dass wir uns als christlich motivierte Politiker schwertun, wenn sich die Kirche nicht bewegt.“ Sie wollten eine Evolution, keine Revolution, habe er Franziskus vermittelt. Neues kann Weber hier aber nicht berichten. Immerhin so viel: „Er hat zugehört, aber es gab wenig Rückmeldung.“ Noch sieht der überzeugte Katholik im Vatikan keine Kraft, „hier ein Ergebnis zu beschreiben“. Aber es war ja auch erst sein erstes Treffen mit Franziskus.

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