Putins Pannen-Propaganda-Show

von Redaktion

VON H. WAGNER, W. JUNG UND U. MAUDER

Moskau – In seiner dicken Winterjacke und dem Rollkragen-Pullover redet sich Wladimir Putin gerade erst warm, da ist die große Show schon wieder vorbei. Russlands Präsident redet im Moskauer Luschniki-Stadion, bei einem großen Fest zum achten Jahrestag der Einverleibung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim am 18. März 2014. Da blendet sich das Staatsfernsehen einfach aus, mitten im Satz. Von Putin ist nichts mehr zu sehen. Statt dessen laufen aufgezeichnete Bilder.

Gerade hatte der Kremlchef vor zehntausenden Jublern im Stadion noch vom Beginn der „militärischen Spezial-Operation“ in der Ukraine am 24. Februar gesprochen. Jetzt herrscht Ratlosigkeit vor den Bildschirmen. In sozialen Netzwerken machen sofort Fragen die Runde: Wo ist Putin? Was ist passiert? Manche scherzen, dem Kremlchef – wohl mit schusssicherer Weste unter der Jacke – seien die repressiven Sprachregelungen auf die Füße gefallen: „Der beste Witz: Die Sendung wurde abrupt unterbrochen, weil Putin versehentlich das Wort ‚kämpfen‘ gesagt hat!“ So schreibt es die Sprecherin des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny, Kira Jarmysch, auf Twitter. Offiziell ist es in Russland geächtet, von „Krieg“ oder „Invasion“ in der Ukraine zu sprechen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow begründet die beispiellose Sende-Unterbrechung später mit einer technischen Panne. Kurz darauf zeigt der TV-Kanal Rossija 24 die Rede in voller Länge. Aber viel kommt nicht mehr. Für Putins Verhältnisse ist die Rede ungewöhnlich kurz.

Schon der kriegserprobte Admiral Uschakow (1745-1817) habe mal gesagt, dass Stürme nur dem „Ruhm Russlands“ nützten. So sei es immer gewesen, so werde es immer sein, sagt Putin noch. „Spassibo!“ – „Danke!“ Dann verlässt er unter tosendem Beifall und Jubel das Stadion, ohne Hast. Er dreht sich noch einmal um und winkt. Außerhalb des Stadions gibt es auch Leute, die Scham äußern, weil in der Ukraine Menschen sterben, während sich der Kremlchef bejubeln lässt.

Ist die Party so schnell aus, weil es eine Gefahrenlage gab? Unklar. Kremlnahe Telegram-Kanäle ätzen, dass beim Staatsfernsehen für diese Panne sicher Köpfe rollen. Es ist bereits der zweite Zwischenfall bei dem sonst militärisch organisierten Staats-TV in dieser Woche. Am Montag hatte die Redakteurin Marina Owssjannikowa mit einem Plakat in den Hauptnachrichten gegen den Krieg protestiert.

Mit der Stadion-Show will der Kreml auch zeigen, dass das Land geschlossen hinter Putin stehe. Mehr als 80 000 Menschen im Stadion, mehr als 100 000 davor. Sie schwenken Fahnen, immer wieder ist der Buchstabe Z zu sehen, das Symbol für Putins Krieg. Der wiederholt seine Behauptung vom Völkermord in der Ost-Ukraine und setzt dem dann eine zynische Krone auf. „Es gibt keine größere Liebe, als wenn man sein Leben für seine Freunde gibt.“ Es sind Worte aus der Bibel.

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