VON GEORG ANASTASIADIS
Die Ampel hat ihr zweites Entlastungspaket geschnürt, und wer will, kann darin beruhigende Signale der Normalität auch in Kriegszeiten erkennen. Denn trotz Putin funktionieren in Deutschland weiter die Gesetze der Parteiendemokratie: Im kunstvoll austarierten Koalitionskompromiss ist für jeden Geldbeutel was dabei. SPD und Grüne haben durchgesetzt, dass Geringverdiener und Familien stärker von den Energiepreis-Rabatten und -Zuschüssen profitieren, doch auch die besser betuchten Wähler der FDP hat die Ampel mit der Absenkung der Energiesteuern auf Sprit bedacht. Pfiffig und für deutsche Verhältnisse fast revolutionär ist die Idee, allen Bürgern die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs für neun Euro zu ermöglichen; man darf gespannt sein auf den Chor der Bedenkenträger in den ÖPNV-Verbünden. Leer gehen hingegen mit Ausnahme der Speditionen viele Betriebe aus, die weiter auf den hohen Energiekosten sitzen bleiben.
Wehrhaft will die Ampelregierung Deutschland in diesen schlimmen Zeiten machen, und das wuchtige Energie-Entlastungspaket ist ein wichtiger Beitrag dazu. Je mehr unser Land – so wie auch der gesamte Westen – gesellschaftlich beisammen bleibt, je weniger Deutsche sich bang fragen müssen, ob sie für die Ukraine frieren sollen, desto weniger Keile kann Putin in unsere Abwehrfront hineintreiben. Denn machen wir uns nichts vor: Wir werden in dieser Zeitenwende noch viele schwierige Stresstests zu bestehen haben. Der Kanzler lehnt ein Energieembargo gegen Russland zwar bisher strikt ab, doch bleibt die Frage, wann Putins immer grausamerer Krieg und der Druck der Verbündeten eine neue Antwort erzwingen. Auch rückt der Tag näher, da Scholz seinem Koalitionspartner klarmachen muss, dass es mit mehr Energie-Geld für die Bürger nicht getan ist, dass unser Land, um sich aus seiner selbst gebauten Falle zu befreien, auch die Kernkraft länger nutzen muss, als es sich manche Grüne in ihren Blütenträumen ausgemalt haben – bis Putin seine Panzer in Marsch setzte.
Georg.Anastasiadis@ovb.net