Wahl in Frankreich

Zu früh zu siegessicher

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Es ist erst ein paar Wochen her, da galt die französische Präsidentschaftswahl quasi als entschieden. Doch von dem Vorsprung, den Emmanuel Macron sich durch seine Rolle als selbst ernannter Anführer Europas (gegen Putin) erarbeitet hatte, ist nicht mehr viel übrig. Der soziale Frust im Land ist so groß, dass ihn auch Macrons außenpolitisches Schillern nicht mehr überspielen kann. Es mag nicht das allerwahrscheinlichste Szenario sein – aber einen Sieg der Rechtspopulistin Marine Le Pen in der Stichwahl muss man mehr denn je auf der Rechnung haben.

Das liegt auch daran, dass es Le Pen geschafft hat, ihr Radikalen-Image abzulegen und es an den hardcore-rechten Konkurrenten Éric Zemmour auszulagern. Sie die Kümmerin, die den Menschen mehr Fürsorge und frühere Rente verspricht – er der Grobe, dem kein Ressentiment zu plump ist. Le Pen wird in der Stichwahl Zemmours Stimmen abgreifen, dazu sicher auch ein paar des Links-Populisten Jean-Luc Mélenchon. Macron, der vor Kurzem (noch siegesgewiss und gefühlt zwischen zwei fruchtlosen Putin-Telefonaten) ein späteres Rentenalter angekündigt hatte, muss sich indes darauf verlassen, dass die bröckelnde Anti-Populisten-Front im Land noch stark genug ist.

Europa sollte dafür beten, denn ein Sieg Le Pens wäre für den Kontinent eine Katastrophe in der Katastrophe. Über Jahre hat Kreml-Despot Wladimir Putin sich Vasallen im Westen herangezogen, zu denen auch Le Pen und ihr Rassemblement National gehören. Ihr Sieg wäre auch ein Sieg des Mannes, der den Krieg nach Europa gebracht hat.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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