Steinmeier in Kiew ausgeladen

Ein Eklat, der nur Putin nützt

von Redaktion

GEORG ANASTASIADIS

Der Schock über die Grausamkeit des Krieges und der Schmerz über das den Menschen angetane Leid ist dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj ins Gesicht geschrieben. Doch mit seiner Ausladung des Bundespräsidenten ist keinem Ukrainer geholfen. Freuen kann sich darüber nur Kriegsherr Putin: An der Front läuft es schlecht für ihn, doch mit dem ukrainisch-deutschen Eklat kann der Kremlchef einen unerwarteten Erfolg einheimsen. Legt der diplomatische Affront doch für alle sichtbar Risse in der westlichen Verteidigungsallianz offen.

Über die grobe Unhöflichkeit in Kiew darf man sich zu Recht ärgern, doch sollte man es mit der deutschen Entrüstung auch nicht übertreiben. In unseren warmen Wohnzimmersesseln lässt sich leicht Recht haben, aber in der Ukraine ist die Welt eine andere. Da gehen die Gräuel und das Sterben täglich weiter. Was sich Kiew wünscht, sind Waffen und Sanktionen und keine PR-Termine.

Steinmeier büßt jetzt für die an Naivität nicht zu überbietende Putin-freundliche deutsche Politik der letzten 20 Jahre, doch trifft es mit ihm, der Schröders und Merkels Chefarchitekt dieser Politik war, nicht den Falschen. Es ehrt ihn, dass er seinen Fehler spät bekannt hat. Doch wichtiger als das mea culpa des Staatsoberhaupts wären klare Signale aus seiner SPD, dass man es ernst meint mit der Fehlerreparatur. Schwere Waffen, wie von Union, Grünen und FDP verlangt, will der Kanzler den heldenhaft gegen Putins Vernichtungsarmee kämpfenden Ukrainern weiterhin nicht liefern. Nur die Ausreden wechseln: Wir wollen nicht, hieß es erst, dann: Wir haben nichts, und zuletzt: Erst müssen die Ukrainer an den Waffen ausgebildet werden. Die Wahrheit ist eine andere. Es ist die German Angst vor dem Kriegsabenteurer Putin und die stille Hoffnung, alles werde schon wieder irgendwie gut, wenn sich die Ukrainer ergäben. Das  wäre der nächste  schwere deutsche Fehler. Denn Putin wird nicht aufhören, wenn er in der Ukraine siegt.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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