Mainz/Berlin – Die Aufdeckung einer extremistischen Gruppe von sogenannten Reichsbürgern und Gegnern der Corona-Politik schürt die Sorge vor Terrorismus aus dem Inland. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer „schwerwiegenden terroristischen Bedrohung“. Bewaffnete Reichsbürger und radikalisierte Corona-Leugner verbinde ein grenzenloser Hass auf die Demokratie und auf den Staat.
Die Beschuldigten sollen in Deutschland Sprengstoffanschläge und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplant haben. Damit hätten sie die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen und das angestrebte Chaos nutzen wollen, um die Macht in Deutschland zu übernehmen, teilten Ermittler in Mainz mit.
Bei bundesweiten Durchsuchungen waren am Mittwoch vier Beschuldigte festgenommen worden. Die beiden Hauptbeschuldigten seien ein 55-Jähriger aus Neustadt an der Weinstraße in der Pfalz sowie ein 54 Jahre alter Mann aus Falkensee in Brandenburg, teilte die federführende Koblenzer Generalstaatsanwaltschaft mit. Den vier Festgenommenen werden die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen. Gegen sie erging Haftbefehl.
Bei den Durchsuchungen entdeckten die Ermittler 22 Schusswaffen, darunter ein Kalaschnikow-Sturmgewehr, sowie Munition, Bargeld, Goldbarren, Silbermünzen und Devisen. Schwerpunkt mit fünf Durchsuchungen war Rheinland-Pfalz. Durchsuchungen gab es aber in mehreren Ländern, auch in Bayern. Es handelt sich um Objekte in München, Bruckberg (Kreis Landshut) und Pottenstein (Kreis Bayreuth).
Die Extremisten tauschten sich in einer Chatgruppe des Internet-Dienstes Telegram aus. Sie nannten sich nach Angaben der Ermittler „Vereinte Patrioten“, zuweilen aber auch „Deutschland Tag X“. Die Gruppierung, zu der etwa 70 Mitglieder zählen sollen, habe zunächst mit einer „Aktion Blackout“ Anschläge auf Stromleitungen und Umspannwerke ausführen und damit die Stromversorgung zusammenbrechen lassen wollen. Danach sollte bei der „Aktion Klabautermann“ Gesundheitsminister Lauterbach entführt werden. In einem dritten Schritt sei dann die Übernahme der Regierung angestrebt worden.
Das Problem bei solchen Ermittlungsverfahren sei immer die Frage, ob man es lediglich mit „Spinnern“ zu tun habe, die sich im Internet profilieren und vor ihren Mitstreitern „großmäulig“ angeben wollten, sagte der Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer. „In diesem Fall war es aber anders.“ Die Gruppierung habe sich Geld und Waffen besorgt. „Da war für uns eben klar: Wir haben es nicht nur mit Spinnern zu tun, sondern mit gefährlichen Straftätern, die ihre Pläne auch umsetzen wollen und wahrscheinlich auch können.“
Der Beschuldigte aus Falkensee bei Berlin arbeitet nach Informationen von rbb24 als Finanzberater und Dozent. Bei der Durchsuchung seines Wohnhauses hätten die Ermittler unter anderem eine SS-Uniform sowie ein Kalaschnikow-Sturmgewehr gefunden.
Minister Lauterbach zeigte sich bestürzt über den möglichen Entführungsplan gegen ihn. Der Vorgang zeige, dass sich die Corona-Proteste nicht nur radikalisiert hätten, sondern dass es mittlerweile auch darum gehe, den Staat und die Demokratie zu destabilisieren.