München – Lange auf sich warten lassen, haben die Grünen nicht. Nur vier Tage nachdem Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) ihren Posten räumte, war am Donnerstag ihre Nachfolgerin geklärt – Lisa Paus. Mit der bisherigen Vizefraktionschefin der Grünen im Bundestag ist damit erneut eine Frau an die Spitze des von den Grünen geführten Ministeriums gerückt.
Paus gilt als Finanzexpertin und sei „eine hervorragende Nachfolgerin“ für Spiegel, sagte der Grünen-Ko-Vorsitzende Omid Nouripour. Wegen ihres Sachverstands und ihrer ökonomischen Kenntnisse sei sie genau die richtige Person, wie es von der Partei-Spitze heißt. Begonnen hat Paus’ politische Karriere in Berlin. „In, aus und für Berlin“, prangt auf ihrer Webseite wie ein Leitsatz. Die 53-Jährige gehörte von 1999 bis 2009 dem Berliner Abgeordnetenhaus an. 2009 zog sie in den Bundestag ein und ist seitdem durchgehend Mitglied und Obfrau im Finanzausschuss. Von 2017 bis 2021 war die gelernte Diplom-Volkswirtin Sprecherin für Finanzpolitik und seit September 2020 für zehn Monate grüne Vertreterin im Untersuchungsausschuss zu Wirecard. Dem Skandal um den einstigen börsennotierten Zahlungsabwickler mit damaligen Sitz in Aschheim widmet Paus einen ganzen Reiter auf ihrer Webseite.
Der Wechsel ins Familienministerium birgt für Paus jedoch nicht gänzlich neue Aufgaben. Als Finanzexpertin war sie auch mit steuerlichen Fragen und Leistungen befasst, die die Familienpolitik betreffen. Sie brachte auch die geplante Kindergrundsicherung mit auf den Weg, die eines der zentralen Projekte der Ampel-Koalition sei, wie die Grünen-Ko-Vorsitzende Ricarda Lang erklärte.
Paus wird wie ihre Vorgängerin dem linken Flügel der Partei zugeordnet und betonte selbst, sie brenne für soziale Gerechtigkeit. Die neue Familienministerin räumte ein, dass sie großen Respekt vor ihrer neuen Aufgabe habe. Sie kündigte gleichzeitig an, dass sie neue Impulse in ihrem künftigen Amt setzen wolle. Wobei: „Auch mit mir im Ministerium wird es wieder eine klare Feministin geben.“
Bei der Aufzählung ihrer Prioritäten nannte sie sogleich „als Erstes selbstverständlich die Kindergrundsicherung“. Kinderarmut sei ihr „ein Riesendorn im Auge“ und sie könne sich nicht damit abfinden, dass in einem der reichsten Länder der Welt die Kinderarmut wachse, sagte Paus bei ihrer Vorstellung.
Auch auf der Agenda steht für die neue Familienministerin die Situation für Senioren und Alleinerziehenden zu verbessern. Paus selbst ist alleinerziehende Mutter. Ebenso will sie das Demokratiefördergesetz, das Initiativen gegen Rechtsextremismus unterstützt, vorantreiben.
Während sich die Grüne Fraktionsspitze zufrieden mit der neuen Besetzung zeigt, erntet die Personalentscheidung auch Lob vom Koalitionspartner SPD. „Dass die Grünen-Politikerin bereits Expertise vorweist bei einem der wichtigsten Vorhaben in dieser Legislaturperiode, der Kindergrundsicherung, ist begrüßenswert“, erklärte der SPD-Familienexperte Sönke Rix. „Auch ihre Erfahrungen als Finanzpolitikerin werden bei der anstehenden Reform der Familienleistungen sicher von Nutzen sein.“
In den nächsten beiden Wochen soll Paus das neue Amt übernehmen. Während die wegen eines Urlaubs nach der Flut-Katastrophe im Arthal, unter Druck geratenen Ministerin Spiegel ihren Posten räumt. LEONIE HUDELMAIER