SPD-Spitze stiftet Verwirrung

von Redaktion

Im Streit um die Russland-Politik trifft sich Saskia Esken heute mit dem ukrainischen Botschafter

München – Auf den ersten Blick wirkte es wie ein wichtiges Signal. Gestern Morgen, es war erst 6.21 Uhr, twitterte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ein Bild, das sie mit ihrem Kollegen Lars Klingbeil und dem ukrainischen Botschafter in Berlin zeigt. Dazu schrieb Esken: „Gerade in Zeiten, in denen uns die Herzen schwer sind und die Debatten manchmal hitzig, ist es umso wertvoller, das offene und vertrauensvolle Gespräch zu pflegen. Danke dafür, Andrij Melnyk.“ Die Botschaft: Nach den harschen Worten der letzten Tage und dem Streit um die Kiew-Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe man sich zusammengesetzt. Esken bekam zunächst Beifall.

Das Problem: Ihr Treffen mit Melnyk hat – anders als es Esken mit ihrem Bild suggerierte – noch gar nicht stattgefunden. Das Foto stammt von einem Gespräch bereits am 6. April. 14 Tage sind in diesen aufgeregten Wochen aber eine lange Zeit. Das Treffen fand sogar noch vor dem diplomatischen Ärger um die Steinmeier-Reise statt. Tatsächlich will sich Esken erst heute mit Melnyk treffen. Klingbeil – auch das wurde erst Stunden nach dem Tweet bekannt – soll diesmal gar nicht dabei sein.

Der Botschafter hatte in den vergangenen Wochen immer wieder mit scharfen Worten den früheren Russland-Kurs der SPD verurteilt und mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. Am Wochenende kam es zu einem harten Schlagabtausch, als der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) „gezielte Angriffe“ auf Bundespräsident Steinmeier kritisierte und Melnyk „Verschwörungstheorien“ vorwarf.

Melnyks Behauptung, Steinmeier habe als Minister „seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft“, die bis in die heutige Regierung hineinwirkten, unterstelle, dass der frühere Kanzleramts- und Außenminister die Interessenvertretung Russlands in Deutschland mitorganisiert habe. „Das ist wahrheitswidrig und bösartig“, schrieb Gabriel.

Melnyk reagierte bei Twitter auf Gabriels Beitrag mit den Worten: „Bösartig ist vor allem Ihre und Ihrer SPD-Kumpane jahrelange Putin-freundliche Politik gewesen, die den barbarischen Vernichtungskrieg gegen den Staat, Nation, Kultur, gegen Frauen und Kinder erst herbeigeführt hat.“

Nun gab sich Melnyk diplomatischer, zumindest ein bisschen. Der „lieben“ Frau Esken dankte er auf Twitter für die Einladung zum Gespräch. Er hoffe, dass die SPD endlich grünes Licht für schwere Waffen und ein Gas- und Ölembargo geben werde. Das Wort endlich schrieb er in Großbuchstaben: „ENDLICH“  mik/dpa

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