Olaf Scholz und die Ampel

Entrückt im Kanzleramt

von Redaktion

MIKE SCHIER

Europa erlebt eine seiner größten Krisen seit Jahrzehnten – und ausgerechnet jetzt tut sich an der Spitze der EU ein Führungsvakuum auf. Während Emmanuel Macron (und mit ihm ganz Europa) um seine Wiederwahl bangt, verweigert sich der deutsche Bundeskanzler ohne erkennbaren Grund. Olaf Scholz hat sich seinen Regierungsstil offenbar von Angela Merkel abgeschaut. Für die geklaute Raute hatten ihn die Deutschen ja auch gewählt. Merkel führte geschickt hinter den Kulissen, kommunizierte aber schlecht. Auch bei Scholz ist kryptische Kommunikation Teil der Strategie. Nur: Was er hinter den Kulissen tut, erschließt sich selbst den Koalitionspartnern nicht mehr. Das droht zum Problem zu werden.

Es geht dabei übrigens keineswegs nur um die Frage nach Waffenlieferungen an die Ukraine, sondern die Koalition als Ganzes. Keine Mehrheit für eine Impfpflicht. Ein Gesundheitsminister, der in Dauerschleife Corona-Pessimismus verbreitet, aber die Masken abschafft. Eine Verteidigungsministerin, die erkennbar mit ihrem Aufgabenbereich fremdelt. Oder ein Anton Hofreiter, der zwar kein Ministeramt bekam, aber in einer Woche mehr Interviews gibt als in Jahren im Fraktionsvorsitz.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Dem zur Hybris neigenden Kanzler fehlt es keineswegs am nötigen Selbstbewusstsein, um seine Führungsaufgabe zu erfüllen. Dass er kritische Abgeordnete als „Jungs und Mädels“ abtat, spricht Bände. Vielmehr scheint sich das Kanzleramt schon nach einem halben Jahr Amtszeit vom Rest des Landes und seinem Verlangen nach Erklärungen entkoppelt zu haben. Besser macht das die Sache nicht.

Mike.Schier@ovb.net

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