Auf die Tränendrüse zu zielen, ist für Xavier Naidoo immer eine leichte Übung gewesen. Als er noch als Sänger für Schlagzeilen sorgte, trieften seine Texte vor Pathos. Auch das war ein Grund für seinen Erfolg.
Nun wird es wieder rührselig, diesmal im echten Leben. Mit belegter Stimme bittet Naidoo um Entschuldigung für all die Entgleisungen der letzten Jahre. Sorry, das weiß man aus der Musik, ist eines der schwersten Worte. Und als Botschaft an all die Radikalen und Verblendeten hat es durchaus Gewicht, wenn einer ihrer Wortführer jetzt einräumt, sich ge- und verirrt zu haben. Doch nach all den Jahren, in denen der Sänger immer wieder Gift austräufelte, ist so ein Sorry erst mal ziemlich wenig. Zumal die Begründung – die ukrainische Herkunft seiner Frau – so konstruiert wirkt wie ein schlechter Songtext.
Einige, die mal prominent waren, von Michael Wendler bis Attila Hildmann, haben sich mit irren Theorien ins Aus manövriert. Nicht jeder wird es zurück in die Mitte der Gesellschaft schaffen oder es auch nur versuchen. Auch Xavier Naidoo steht ganz am Anfang seiner Bewährung. Er wird erst noch beweisen müssen, dass aus ihm echte Einsicht spricht, nicht bloß das Kalkül um den letzten Rest seiner Karriere.
Marc.Beyer@ovb.net