Die FDP feiert ihre Eiserne Lady

von Redaktion

Im Streit um Waffenlieferungen knirscht es in der Koalition – Lindner lenkt auf dem Parteitag Kritik auf die Union um

Berlin – Der Applaus kommt donnernd, die Delegierten erheben sich spontan, bevor Mobiltelefone für Selfies mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann gezückt werden. Für ihren Ruf nach der Lieferung auch schwerer Waffen an die Ukraine und ihre Kritik an mangelnder Entschlossenheit der Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) avanciert die Verteidigungspolitikerin am Wochenende zum Liebling des FDP-Bundesparteitags. Nach Klartext-Ansagen der vergangenen Wochen steht Strack-Zimmermann wie eine Art Eiserne Lady der FDP im Jubel.

Wenn Russland seinen „Vernichtungsfeldzug“ gewinne, „bedeutet das ein anderes Europa“, warnt Strack-Zimmermann, die ihre knappe Redezeit großzügig überziehen darf. Nicht von Moskau einschüchtern lassen und nicht ständig Signale wirtschaftlicher Verwundbarkeit senden, fordert die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. „Die Zeit ist jetzt: nicht zaudern, nicht zu zögern, das ist das Gebot der Stunde“, ruft sie, bevor Stunden später die Forderung nach Lieferung schwerer Waffen als offizielle Linie der FDP beschlossen wird.

Von einer „überwältigenden Mehrheit“ für den Antrag spricht das Präsidium. Die Forderung ist eine Absage an die Zögerlichkeit, mit der die Bundesregierung auf das Scheitern ihres diplomatischen Instrumentenkastens aus Gesprächsformaten und Kontaktgruppen im Fall der Ukraine reagiert hat.

Dass es in der Ampel in dieser Frage knirscht, wird gleich zum Auftakt des Parteitages deutlich. FDP-Vize Wolfgang Kubicki gibt einen Ton vor, den man nur als Angriff auf die SPD verstehen kann. „Das Bild, das viele Vertreter der größten Regierungspartei gerade vor den Augen der Weltöffentlichkeit abgeben, ist keines, das uns als Koalitionspartner zufriedenstellen kann“, sagt er. „Und manche sagen, auch der entscheidende Führungswille, der fehle derzeit.“

Aus Washington setzt der zugeschaltete FDP-Chef Christian Lindner enge Leitplanken für die Kritik an Scholz. Eine Corona-Infektion verhindert eine Rede direkt vor den Delegierten. Lindner wirkt gesundheitlich etwas angeschlagen. Den Ausruf „Was für ein großartiger Parteitag!“ seines neuen Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai gegen Ende des Treffens dürfte er kaum geteilt haben.

Lindner stellt gleich klar, dass die Forderung nach schweren Waffen nicht zum Zerwürfnis mit der SPD führen darf: „Der Bundeskanzler hat das Vertrauen der FDP und auch ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag.“ Kritik am deutschen Handeln bei der Unterstützung der Ukraine leitet Lindner auf die Union um, der er „parteipolitisches Bodenturnen“ vorwirft.

Die Union will die Lieferung schwerer Waffen notfalls mit einem Antrag im Bundestag erzwingen. Ihm gehe es nicht um „taktische Spielchen“, versichert CDU-Chef Friedrich Merz. „Aber wenn die Bundesregierung nicht liefert, dann muss das Parlament liefern.“ Doch der alte Politfuchs weiß genau, dass FDP und Grüne kaum gemeinsame Sache mit der Union machen werden – es wäre wohl unweigerlich das Ende der jungen Ampel-Ehe. Lindner warnt dann auch: „Es ist ein gefährliches Spiel, das die Unionsfraktion versucht.“ Offensichtlich werde der Versuch unternommen, die Koalition in Schwierigkeiten zu bringen und die Regierung insgesamt zu destabilisieren. C. HOFFMANN/U. STEINKOHL

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