Boris Beckers Niedergang

Tiebreak im fünften Satz

von Redaktion

MARC BEYER

Wenn Boris Becker früher irgendwo ankam, war es, als würde er nicht einfach gehen – er schritt. Heute haben seine Bewegungen etwas Schleppendes, doch noch immer hat er eine Präsenz, die auch jene erfasst, die ihn längst skeptisch sehen. Der Altmeister ist vom Leben gezeichnet, nicht nur von den Härten des Sports, auch von der Zeit danach, in der sich das Schicksal nicht mit einem Ass im richtigen Moment auf seine Seite ziehen ließ.

Vor bald 40 Jahren haben die Deutschen angefangen, atemlos teilzuhaben am Leben eines jungen, damals noch sehr unfertigen Leimeners. Die fast surreale Popularität hatte immer auch damit zu tun, dass Becker nicht nur für strahlende Siege stand, sondern für Niederlagen, die krachender waren als bei jedem anderen. Er nahm die Menschen mit in höchste Höhen. Aber er sperrte sie –anders als seine Wegbegleiter Steffi Graf und Michael Stich – auch auf dem Weg nach ganz unten nicht aus.

Wenn heute eine Richterin über ihn und seinen Umgang mit Geld urteilt, droht sich ein ganz neuer Abgrund aufzutun. Dass es überhaupt so weit kommen konnte mit Becker, ist mit tragisch noch untertrieben. Noch ist nicht abzusehen, wie dieser Tiebreak im fünften Satz endet. Sicher ist nur, dass ihn die Menschen auch bei einer Niederlage nicht fallen lassen werden. Gerade dann nicht.

Marc.Beyer@ovb.net

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