Mariupol hofft auf Evakuierung

von Redaktion

Kiew/Moskau – Für Zivilisten in der zerstörten ukrainischen Hafenstadt Mariupol gibt es Hoffnung: Es sei eine „Operation“ geplant, um die Menschen aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal zu retten, hieß es am Freitag in einem ukrainischen Pressebericht unter Berufung auf das Präsidialamt. Zuletzt hatte sich UN-Generalsekretär António Guterres in Moskau und Kiew dafür eingesetzt, für die Zivilisten einen humanitären Korridor zu öffnen.

Während seines Besuchs in der ukrainischen Hauptstadt feuerten die Russen wie schon angedroht Raketen auf Ziele nahe dem Stadtzentrum. Guterres sagte: „Ich war geschockt zu hören, dass in der Stadt, in der ich mich aufhalte, zwei Raketen explodiert sind.“ Die ukrainische Regierung sprach von einem „Gruß aus Moskau“. Die Bundesregierung nannte das Vorgehen Moskaus „menschenverachtend“.

Ein erster Evakuierungsversuch in Mariupol sei am Donnerstag gescheitert, weil russische Truppen gezielt ein Lazarett auf dem Werksgelände beschossen hätten, berichtete die ukrainische Zeitung „Ukrajinska Prawda“ unter Berufung auf eine Quelle im Präsidialamt. Mariupols Bürgermeister Wadym Bojtschenko äußerte die Hoffnung, dass es eine Übereinkunft zur Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol geben könnte. In dem belagerten Stahlwerk gebe es fast keine Lebensmittel, Wasser und Medikamente mehr, sagte er nach Angaben der ukrainischen Agentur Unian. „Hier geht es schon nicht mehr um Tage, sondern um Stunden.“

Bei dem Angriff auf das Lazarett sei mindestens ein Soldat ums Leben gekommen, rund 100 Patienten erlitten weitere Verletzungen, berichtete die Zeitung. Im Werk Azovstal haben sich die letzten Verteidiger der Hafenstadt Mariupol sowie zahlreiche Zivilisten verschanzt. Trotz wiederholter Aufforderung von russischer Seite lehnen sie eine Kapitulation ab. Nach ukrainischen Angaben sollen in den für einen Atomkrieg gebauten Bunkeranlagen des Stahlwerks noch 1000 Zivilisten sein, darunter Frauen und Kinder. Nach russischen Angaben halten sich dort 2500 ukrainische Kämpfer und ausländische Söldner auf.

Mariupol am Asowschen Meer war kurz nach Beginn des Kriegs Ende Februar von russischen Truppen belagert und später weitgehend eingenommen worden. Von zuvor 440 000 Einwohnern sind Schätzungen zufolge noch 100 000 in der Stadt. Russland hatte zuletzt einen Fluchtkorridor für alle Eingeschlossenen abgelehnt. Die Zivilisten dürften gehen, doch den Militärs werde kein freier Abzug gewährt. Guterres hatte eigener Darstellung zufolge am Dienstag von Kremlchef Wladimir Putin eine prinzipielle Zusage für die Beteiligung der Vereinten Nationen am Aufbau eines Fluchtkorridors erhalten. Nun liefen die Gespräche.

Nach dem grundsätzlichen Ja für die Lieferung schwerer Waffen prüft die Bundesregierung auch eine Abgabe der Panzerhaubitze 2000 aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine. Dabei gehe es um ein Materialpaket, zu dem neben den Niederlanden auch Deutschland und Italien beitragen könnten, berichtete die „Welt am Sonntag“.

Derweil bilden die USA in Deutschland und an anderen Standorten ukrainische Soldaten im Umgang mit militärischer Ausrüstung aus. Der Sprecher des US-Verteidigungsministers, John Kirby, sagte, das Training auf deutschem Boden habe bereits begonnen. Es gehe unter anderem um den Umgang mit Haubitzen und anderen Waffensystemen, die Kiew zur Unterstützung im Krieg gegen Russland bekomme.

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