Mariupol/Kiew – Für die Menschen in der vom russischen Angriffskrieg schwer zerstörten ukrainischen Hafenstadt Mariupol gibt es nach dem Start einer internationalen Evakuierungsaktion neue Hoffnung. Ein Bus-Konvoi brachte am Wochenende mehrere Dutzend Zivilisten aus dem von russischen Soldaten belagerten Stahlwerk Asovstal. Beteiligt waren auch die Vereinten Nationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Die Hoffnung ruht darauf, dass dies der Beginn einer größeren Aktion sein könnte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einer „ersten Gruppe von etwa 100 Menschen“, die evakuiert worden seien. Die nächste Aktion soll am Montagmorgen beginnen.
Zugleich setzten die russischen Truppen ihre Angriffe im Osten und Süden des Landes fort. Rund um Saporischschja seien Flugabwehrraketensysteme zerstört worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums. Im Gebiet Charkiw seien zwei Kampfflugzeuge abgeschossen worden. Außerdem sprach die ukrainische Seite von insgesamt acht Zivilisten, die getötet wurden. Bestätigt wurde ein Angriff auf einen Flugplatz der Schwarzmeer-Metropole Odessa. Die ukrainische Armee beschoss nach eigenen Angaben die von Russland besetzte Schlangeninsel im Schwarzen Meer mit Raketen. 42 russische Soldaten sollen bei dem Angriff getötet worden sein. Solche Angaben lassen sich allerdings von unabhängiger Seite nicht überprüfen.
Russland wiederum wirft der Ukraine vor, zunehmend Angriffe auf russisches Territorium zu unternehmen. Am Wochenende beklagte beispielsweise der Gouverneur der westrussischen Region Kursk, Roman Starowojt, Granatbeschuss von ukrainischer Seite.
Bundeskanzler Scholz kündigte am Sonntag bei einer DGB-Kundgebung in Düsseldorf an, dass Kiew weiterhin mit finanzieller Hilfe und Waffentechnik rechnen könne. „Wir werden die Ukraine weiter unterstützen, mit Geld, mit humanitärer Hilfe. Aber auch das muss gesagt werden: Wir werden sie unterstützen, dass sie sich verteidigen kann, mit Waffenlieferungen, wie viele andere Länder in Europa das auch machen.“
US-Außenminister Antony Blinken versprach der Ukraine ebenfalls weitere „robuste Unterstützung“. In einem Gespräch mit seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba kündigte er zudem die Rückkehr von US-Diplomaten in die Ukraine an. Auch die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte bei einem Besuch in Kiew Unterstützung zugesichert. Sie wolle den Ukrainern „für ihren Kampf für die Freiheit“ danken, sagte Pelosi laut einem von der ukrainischen Präsidentschaft veröffentlichten Video.
Unterdessen begannen die USA mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland und anderen Ländern. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums geht es dabei um den Umgang mit Haubitzen und anderen Waffensystemen.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf der Nato in einem Interview der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua vor, das Ende der „Spezialoperation“ – wie Moskau den seit mehr als zwei Monate dauernden Angriffskrieg nennt – durch Waffenlieferungen und politische Vereinbarungen zu verhindern. Die Gespräche würden durch „militante Rhetorik und hetzerische Aktionen der westlichen Unterstützer von Kiew“ behindert.
Deutschland und USA sichern Hilfe zu