Merz plant Blitzbesuch in Kiew

von Redaktion

VON MARC BEYER

München – Für einen Mann, der so gerne und offensiv twittert, hält sich Friedrich Merz am Wochenende sehr zurück. Das Thema ist zu sensibel, jedes Wort will da wohlbedacht sein. In den nächsten Tagen wird der CDU-Chef in die Ukraine reisen, wie zahlreiche Politiker vor ihm, aber nur sehr wenige deutsche.

Merz, so ist zu hören, plant in Kiew Gespräche mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bürgermeister Vitali Klitschko, auch Außen- und Verteidigungsminister sind angefragt. Zudem will er nach Butscha reisen, wo Gräueltaten der russischen Armee für weltweites Entsetzen sorgten.

Mal heißt es, Merz werde schon heute aufbrechen, allerdings steht da noch die Klausur der Präsidien von CDU und CSU in Köln an. Wahrscheinlicher ist der Dienstag. Auch deshalb erstaunt es, dass die Reise so früh bekannt wird. Die meisten Politiker, die in den vergangenen Wochen in die Ukraine fuhren, machten ihre Pläne aus Sorge um die Sicherheit ganz bewusst erst sehr kurzfristig publik. Oder nach ihrer Rückkehr.

Bei Merz ist das anders, dort wird die Reise schon am Samstagabend eingeordnet, wenn auch nicht von ihm persönlich. Der CDU-Chef wolle seine Solidarität mit der Ukraine unterstreichen, er werde zuhören und konkrete Bitten um Unterstützung aus Kiew mit nach Deutschland nehmen, schreibt sein Stabschef Jacob Schrot auf Twitter. Es gehe hier auch nicht um „Regierung vs. Opposition“, sondern um die „gemeinsame staatspolitische Verantwortung“.

Dennoch lenkt die Reise den Blick unweigerlich auch auf Olaf Scholz. Zumal Kiew in der Debatte um die geplatzte Ukraine-Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Kanzler ausdrücklich einlud. Darauf eingegangen ist er bisher nicht.

In den letzten Wochen hatten etliche prominente Politiker einen Zug Richtung Ukraine bestiegen: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Außen- und Verteidigungsminister der USA, der britische Premier Boris Johnson, zuletzt die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Während des Besuchs von UN-Generalsekretär Guterres gab es mehrere Explosionen.

Aus Deutschland hingegen kamen bisher lediglich die Ausschuss-Vorsitzenden für Auswärtiges, Verteidigung und Europa. Weil es sich dabei mit Michael Roth (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne) aber um Vertreter der Koalitionsparteien handelte und speziell die FDP-Dame Scholz’ Führungskompetenz unverhohlen anzweifelte, geriet der Kanzler zunehmend unter Druck. Am Wochenende verteidigte er sich nun abermals gegen den Vorwurf, in seiner Ukraine-Politik zu zögerlich vorzugehen. „Übereiltes Agieren und deutsche Alleingänge sind mir suspekt“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Er treffe seine Entscheidungen schnell – „und abgestimmt mit unseren Verbündeten“.

Aus der Union war noch niemand in der Ukraine, allerdings reiste CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor einigen Wochen nach Moldau. Merz wird nun der Erste in Kiew sein, obwohl das Bundeskriminalamt (BKA) starke Bedenken hat. Aus Sorge um die Sicherheit habe es „ausdrücklich“ abgeraten und um Verschiebung gebeten, berichtet der „Tagesspiegel“. Merz hatte das BKA erst am Freitag informiert.

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