Ein Öl-Embargo rückt näher

Zeit der Zumutungen

von Redaktion

MARC BEYER

Nahezu in Echtzeit kann der Bürger gerade mitverfolgen, wie abhängig das Land von welchem Rohstoff ist. Der Anteil russischen Gases an den gesamten Importen wurde von 55 auf 35 Prozent gedrückt, beim Öl sank er von 35 auf zwölf Prozent. Beide Werte belegen die Anstrengungen der letzten Monate, doch nur der zweite signalisiert so etwas wie Entspannung. Auch im Ölsektor drohen zwar heftige Einschränkungen, aber nicht mehr die „Vollkatastrophe“, wie uns der Wirtschaftsminister gerade mäßig schonend beigebracht hat.

Die Politik, und mit ihr das ganze Land, befindet sich auf einer Gratwanderung, deren Länge noch nicht abzusehen ist. Sie muss die Balance halten zwischen Sanktionen, die nötig und für Moskau einschneidend sind, und der Abwägung, wie viel Verzicht dafür zu verkraften ist. Beim Öl mag der leichter fallen, ein Embargo zeichnet sich immer klarer ab. Aber auch die letzten zwölf Prozent, so überschaubar sie klingen, können noch schmerzen. Längst rächt sich, dass die Raffinerie, die nahezu exklusiv den letzten Rest an russischem Öl liefert, ausgerechnet in russische Hände gelegt wurde.

Die Zeit der Zumutungen hat eben erst begonnen, gerade im Gassektor, wo sich die Verbindungen zu Russland so bald nicht kappen lassen werden. Zumindest nicht aus westlicher Richtung. Umgekehrt schon, wie Bulgarien und Polen vergangene Woche erfahren mussten. Putins jüngstes Muskelspiel ist eine klare Warnung, auf alles gefasst zu sein. Auch auf den sofortigen Gas-Stopp.

Marc.Beyer@ovb.net

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